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Britische Grüne vor dem Aus

Beim Parteitag an diesem Wochenende wird nahezu die gesamte Führung zurücktreten  ■ Von Ralf Sotscheck

Dublin (taz) — Der Parteitag der britischen Grünen an diesem Wochenende im englischen Wolverhampton wird zu einem Abgesang. Sieben der elf Vorstandsmitglieder, darunter auch die Vorsitzende Sara Parkin, stellen sich nicht mehr zur Wiederwahl. „Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, daß die Grüne Partei eine Gefahr für grüne Politik ist“, sagte Parkin. Anfang der Woche hatte auch Jonathon Porritt bekanntgegeben, daß er in Zukunft „keine aktive Rolle mehr bei den Grünen“ spielen werde.

Neben Parkin war Porritt der zweite Medienstar der britischen Grünen. Er trat der Partei bereits ein Jahr nach ihrer Gründung im Jahr 1973 bei und wurde später dreimal zum Vorsitzenden gewählt, Prinz Charles erkor ihn zu seinem Berater in Umweltfragen. Porritt, bis 1990 auch Chef der gemäßigten Umweltorganisation „Friends of the Earth“, sagte jetzt: „Die vernünftigen Mitglieder der Grünen Partei haben beschlossen, die Partei den Wölfen vorzuwerfen und abzuwarten, was passiert.“ Den Liberalen Demokraten, die ihn schon seit Jahren umwerben, erteilte Porritt eine Absage.

Noch vor drei Jahren schienen die Grünen auf dem besten Weg, zur dritten Kraft in Großbritannien zu werden. Bei den Europawahlen erhielten sie 2,3 Millionen Stimmen — 15 Prozent. Einen Sitz in Brüssel konnten sie damit aufgrund des britischen Wahlsystems allerdings nicht gewinnen. Nur ein Jahr später kamen sie bei den Kommunalwahlen nur noch auf 171.000 Stimmen. Seitdem ging es weiter bergab.

Das Wahlrecht spielte beim Niedergang der Grünen sicher eine Rolle: Da kleine Parteien ohnehin keine Chance haben, meinten viele potentielle WählerInnen, eine Stimme für die Grünen wäre verschenkt. Statt dessen unterstützen sie lieber reine Umweltschutzorganisationen wie Friends of the Earth oder Greenpeace, die ihre Forderungen in die etablierten Parteien trugen. Die Zeitung Observer bemerkte sarkastisch, daß die konservative Regierung bereits eine zentrale Forderung der Grünen erfüllt habe — nämlich wirtschaftliches Nullwachstum.

Hinzu kamen bei den Grünen ständige interne Querelen, finanzielle Schwierigkeiten und Mitgliederschwund sowie ein Wahlprogramm, das Staunen auslöste. So sollte Cannabis im Kampf gegen Überbevölkerung eingesetzt werden: Regelmäßiges Kiffen reduziere nämlich die Anzahl der Spermien bei Männern und die Aktivität der Hormone bei Frauen. Im selben Jahr mutierte der Fernsehjournalist David Icke, ein weiterer prominenter Realo, zum religiösen Fundamentalisten und zieht seitdem als Götterbote predigend durch die Lande. Zwar gelang es Parkin und Porritt im vergangenen Jahr, die chaotischen Strukturen zu straffen, doch nach den Parlamentswahlen im April ging der Machtkampf erneut los.

Der Niedergang der Grünen kommt ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo Experten sich einig sind, daß Umweltpolitik bei den nächsten Wahlen entscheidend sein wird: „Umweltbewußtsein ist der gemeinsame Nenner, auf den sich die nicht- konservative Politik einigen wird“, sagt ein Berater von Premierminister John Major. „Die Grünen hätten Teil davon sein können — aber diesen Zug haben sie verpaßt.“

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