: Deutsche und Ausländer
■ »Schwierige soziale Umstände entschuldigen keine Gewalttaten«
Berlin. Eine Änderung der bestehenden Aufnahmepraxis für Asylbewerber würde nicht verhindern, daß weiterhin Ausländer nach Berlin kämen. Das sagte die Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) gestern vor Journalisten. »Wenn wir an der Asylgesetzschraube drehen, wird der Auslöser der Wanderung, nämlich die wirtschaftliche Ungleichheit in der Welt, davon nicht berührt«, so Frau John weiter.
Indirekt sprach sich die Ausländerbeauftragte damit gegen die Politik ihrer Partei in der Frage einer Änderung von Grundgesetzartikel 16 aus. Man müsse den Deutschen »ehrlich sagen, daß sie auf alle Fälle mit mehr Ausländern zusammenleben müssen«, forderte sie.
Zu den ausländerfeindlichen Krawallen der letzten Wochen sagte Barbara John, man dürfe den Gewalttätern nicht »den kleinen Finger reichen, indem wir auf schwierige soziale Umstände entschuldigend hinweisen«. Die Jugendlichen hätten »die Pflicht, nicht nur darauf zu verzichten, andere zu bedrohen, sondern sie vor Gewalttaten zu schützen«.
Die Ausländerbeauftragte begrüßte es, daß in Berlin im bundesweiten Vergleich nur wenige ausländerfeindliche Anschläge vorkommen. Nach einer Statistik des Bundeskriminalamtes sind in der gesamten Bundesrepublik in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 1.443 Anschläge »mit vermutlich fremdenfeindlicher Motivation« verübt worden, nur 39 davon in Berlin. Wird die Zahl der Anschläge auf die Bevölkerungszahl bezogen, liegt Berlin in der Rangliste der Bundesländer an 14. Stelle. Angeführt wird die Statistik von Brandenburg.
Eine »Ausländerfeindlichkeit ohne Ausländer« stellte Senatssprecher Eduard Heußen in den östlichen Bezirken Berlins fest, wo der Ausländeranteil meist nur zwischen drei und vier Prozent liegt. Die Ausländerpolitik des Senats müsse sich dort vor allem an die deutschen Bürger richten. »Berlin wird mit Zähnen und Klauen an seiner Weltoffenheit festhalten«, sagte Heußen.
Lutz Voß von der Innenverwaltung rechtfertigte den umstrittenen Umzug der Asylstelle von Moabit nach Hohenschönhausen. Es handele sich dabei um keine Unterkunft für Ausländer, sondern um eine Behörde. Die mehr als 200 Heime in Berlin, in denen Ausländer untergebracht sind, werden seit dem letzten Jahr durch ein Sicherheitsstrukturprogramm der Berliner Polizei geschützt. mh
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