: Tragödie in Braun-Weiß
■ FC St. Pauli: 2:3 Pokal-Aus gegen Nürnberg erst in der Verlängerung / 12 000 Fans trotzdem begeistert / Schlimmer Patzer von Thomforde
2:3 Pokal-Aus gegen Nürnberg erst in der Verlängerung / 12000 Fans trotzdem begeistert / Schlimmer Patzer von Thomforde
„Scheiße, einfach nur scheiße“, entglitt es einem braun-weiß gewandeten Mittzwanziger nach dem 2:3 Pokal-Aus des FC St. Pauli gegen den Bundesligisten 1.FC Nürnberg. Mit diesem Kraftausdruck meinte er ausnahmsweise einmal nicht die Leistungen des Millerntorclubs am Sonnabend nachmittag im Wilhelm-Koch-Stadion. Nein, da gab es dieses Mal nichts zu monieren. Wie in längst vergessen geglaubten Zeiten wurde begeistert Fußball gearbeitet und auch die 12000 Zuschauer zeigten alten Millerntoreinsatz. Die überlegene Mannschaft war der Zweitligist. „Scheiße“, wollen wir uns mal der etwas rustikaleren Ausdrucksweise des Fußballfans bedienen, war einzig und allein das Ergebnis nach 120 Minuten.
Bereits in der 9. Minute konnte der Kiezclub durch Klaus Ottens nach Vorarbeit von Leonardo Manzi in Führung gehen. Der Jubel über diese ungewohnt erfolgreiche Kollaboration währte nur kurz. Vier St. Paulianische Abwehrspieler waren nicht in der Lage, einen Freistoß von Dittwar aus dem Strafraum zu befördern. Der Nürnberger Rösler hatte keine Mühe, das Spielgerät im Tor von Klaus Thomforde zu plazieren. Dann kam die große Zeit von Klaus Ottens. Unterstützt von „Ottie, Ottie, Ottie“-Rufen vergrützte der St. Pauli- Stürmer in der Folgezeit zwei hochkarätige Torchancen. Abgeklärter zeigten sich die Nürnberger. Einen Fehler von Robert Nicolic nutzte Dieter Eckstein in der 43. Minute zum 2:1-Halbzeitstand
für die Franken. Nach der Pause agierte hauptsächlich der Kiezclub. Klaus Ottens, der durch seine ausgelassenen Chancen in der ersten Halbzeit die Anhänger des Vereins in diese gewisse Art der paulianischen Verzweiflung versetzte, leitete durch eine butterweiche Flanke das 2:2 ein. Jürgen Gronau, in letzter Zeit auch eher ein Spieler der bevorzugt über den Ball tritt, vollierte das Leder unerreichbar für Nationaltorhüter Andreas Köpke ins fränkische Gehäuse (53. Minute). Die normale Spielzeit war es also nicht, die den St. Pauli-Liebhaber zu Flüchen veranlaßte. „Scheiße“ war eine Aktion von St. Pauli-Torwart Klaus Thomforde. Wie sein Nürnberger Pendant Andreas Köpke, die neue Nummer 1 im nationalen Tor, es etliche Male vormachte, wollte sich die Kiezclub Nummer 1 am Spiel beteiligen. Unbedrängt nahm er einen Rückpaß mit dem Fuß an (die neuen Regeln!),um ihn dann so auf einen Mitspieler weiterzuleiten. Eigentlich eine machbare Aufgabe. Auch für einen St. Pauli-Spieler. Doch diese Aktion endete tragisch für den Kiezclub. Statt den Ball traf Thomforde nur den Rasen. Das Rundleder holperte zum Nürnberger Zietsch, der hatte keine Mühe zum 2:3 einzuschießen. Es folgte eine fulminante, aber dank der intergalaktischen Leistung von Andreas Köpke vergebliche Schlußoffensive der Hamburger.
Die Fans feierten trotzdem, ein wenig traurig zwar, aber bei einer solchen Leistung brachte es ihnen hörbar Spaß am Millerntor zu weilen.
Kai Rehländer
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