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Frauen für eine neue Verfassung

■ Feministinnen wollen Rassismus mit Grundgesetzänderung bekämpfen

„In den 20 Jahren der neuen Frauenbewegung war der Gegner stets die Männerherrschaft, die es zu bekämpfen und zu brechen galt“, resümierte auf der 10. Bremer Frauenwoche die Psychotherapeutin Birgit Mansfeld vom Feministischen Land-Kreis. Doch der wachsende Rassimus und Fremdenhaß erfordere eine Veränderung der Zielrichtung des politischen Handelns; Taten seien gefragt.

„Zwar werden rassistische Gewalttaten fast ausschließlich von Männern ausgeübt“, so die Psychotherapeutin, „aber es gibt keine Hinweise darauf, daß Frauen in ihrer Einstellung weniger feindselig Fremden gegenüber sind.“ Feministinnen mit einem deutschen Paß sollten ihre staatsbürgerlichen Rechte dazu nutzen, sich in die Gesetzgebung „schamlos einzumischen“. Denn: Keine gutgemeinte Schwesterlichkeit kann über rechtliche Benachteiligungen von Migrantinnen hinwegtäuschen.

„Von Grund auf deutsch“ ist unser Grundgesetz. Deutsche StaatsbürgerInnen sind laut Artikel 116 nur solche Menschen, die ihre deutsche Abstammung nachweisen können. Kein Kriterium ist, ob eine in Deutschland geboren ist. Das Grundgesetz sieht aber auch vor, daß die vorläufige Verfassung von 1949 nach der Vereinigung von Ost und West innerhalb von zwei Jahren durch eine neue ersetzt werden muß.

An der Arbeit an dieser Verfassung wollen Bremer Feministinnen sich beteiligen. Schließlich wird eine Verfassung nicht alle Tage verabschiedet. Schon 1919 und 1949 hätten Frauen sich erfolgreich in die Verfassungsgebung eingemischt, um das Frauenwahlrecht und die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter durchzusetzen. Bevor 1993 die neue Verfassung der Bundesrepublik verabschiedet wird, sollen die Verfassungskomission aus Bundesrat und Bundestag waschkörbeweise Briefe von antirassitisch engagierten Feministinnen ins Haus getragen werden. Die vom Feministischen Land-Kreis erarbeiteten Forderungen sehen nicht nur vor, daß Frauen, die aufgrund ihres Geschlechts verfolgt werden, im Asylrecht berücksichtigt werden. Sie wollen auch, daß der Staat dafür Sorge trägt, die Rahmenbedingungen für die Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Frau zu schaffen. Darüber hinaus plädieren die Feministinnen für die Änderung des „deutschstämmigen“ Artikels 116. Statt der deutschen Abstammung, die zumeist immer noch durch Wehrmachtspapiere und NSDAP-Mitgliedschaft nachgewiesen wird, soll die Staatsbürgerschaft an den Geburts- und Lebensort BRD gebunden sein. Die Einbürgerung, die heute ein fast unmögliches Unterfangen darstellt, soll erleichtert, eine doppelte Staatsbürgerschaft ermöglicht werden.

Revolutionär sind diese Vorschläge durchaus nicht; in den klassischen Einwanderungsländern wie den USA und Kanada wird die Zugehörigkeit zur Nation seit jeher politisch und nicht durch Blutsbande definiert. Auch in Großbritannien und Frankreich erhält ein im Land geborenes Kind automatisch die dortige Staatsbürgerschaft. „Wenn die schwedischen oder französischen Gesetze in der BRD angewandt würden, erhielten 70 Prozent der hier lebenden Ausländerinnen und Ausländer einen deutschen Paß“, erklärt Christa Anders vom Frauenprojekt belladonna.

„Mit der Forderung nach einer Änderung des Artikels 116 stellen wir uns in direkten Gegensatz zu den Neo-Nazis von Rostock“, erklärte der Feministische Land- Kreis, „gleichzeitig zeigen wir, daß wir weißen, deutschen, christlichen Frauen nicht länger sagen können, wir hätten mit dem patriarchalischen Staat nichts zu tun.“ Silke Mertins

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