: 300 Krebsstote mehr durch Brummis
■ Streit um Diesel-Ruß: Bremer Umweltbehörde kann nichts machen
Zwei Prozent aller Krebstoten gehen auf das Konto der Auspuff- Schadstoffe, also insgesamt 4.000 zusätzliche Verkehrstote jährlich. Dies geht aus einer Studie des seit 1984 tätigen Länderausschusses für Immsionsschutz hervor, auf die der „Spiegel“ in dieser Woche verweist. Für 50 Krebserkrankungen pro 100.000 Einwohner kann man den Dieselruß verantwortlich machen.
So neu diese Krebsursache für das Hamburger Magazin sein mag, in Bremen ist das „alter Kaffee“. Hier kennt man bereits die Studie oder hat sogar an ihr mitgearbeitet, sagt Adelheid Hirsch, Mitarbeiterin beim Bremer Umweltressort. Laut Expertenkommission liegt die gegenwärtige Konzentration an Rußpartikeln bei 7,2 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (durchschnittlicher Jahreswert) in Ballungszentren. Als Leitwert empfehlen die Fachleute maximal 1,5 Mikrogramm pro Kubikmeter, berichtet der Bremer Arzt Johannes Spatz. Doch entgegen der Empfehlung der Kommission will Bundesumweltminister Klaus Töpfer einen viermal höheren Grenzwert von 8 Mikrogramm als Jahresmittelwert rechtlich absegnen lassen. Ein entsprechender Entwurf liegt in Bonn bereits vor, zum Jahre 1993 soll der neue Wert endlich gelten.
Für Edo Lübbing, Referent des Senators für Umweltschutz und Stadtentwicklung, ist das Problem auch nicht neu. Doch seiner Meinung nach ließe sich auf Länderebene wenig gegen das Rußproblem machen. „Das ist Bundessache“, so Lübbing.
Das Thema ist alt, meint auch Stefan Möller, Abteilungsleiter für Verkehr beim ADAC. „Vor zwei Jahren haben wir das schon diskutiert“, ergänzt der Verkehrsexperte und weist auf die technische Lösung hin: Rußfilter. Daß diese bisher noch nicht zur Standard-Ausrüstung bei Brummis, Bussen und Diesel-PKWs zählen, sei vor allem ein technisches Problem, erklärt der ADACMann: „Der Filter setzt sich ständig zu“. Die Technik werde in Zukunft aber „mit Sicherheit“ besser, sagt er. In seinen Augen ist der „Filter die einzige Möglichkeit“, den Ruß in den Griff zu bekommen.
Der alternative Verkehrsclub Deutschland (VCD) will grundlegend gegen die Schadstoff-Belastung vorgehen.
„Vor rund zwei Jahren stufte die Bundesregierung Dieselmotoren als schadstoffarm ein — das war die Vorraussetzung für eine steuerliche Begünstigung“, erzählt Malte Göpel, ehrenamtlicher VCD-Mitarbeiter. „Wir wollen in erster Linie weniger Verkehr und den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel“. Rußfilter lehnt Göpel nicht ab. Doch dürfe das nicht dazu führen, daß noch mehr gefahren werde.
Die Aussichten auf rußfreie Innenstädte stehen jedoch denkbar schlecht. Für 1993, Beginn des europäischen Binnenmarktes, prognostizieren EG-Verkehrsexperten einen Anstieg des Güter- Verkehrs um mindestens 40 Prozent. Marion Wigand
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