: Nie wieder glitschiges Gefummel
■ Bremer Hebammen-Patent: „Scheiden-Schlitten“ fürs Diaphragma
„So ein glitschiges Gefummel!“ denken viele Frauen über das Diaphragma. Bei vielen, die trotzdem damit verhüten wollen, will die Gummihaut einfach nicht so recht über den Muttermund. „Über das Thema Verhütung wird viel zu wenig nachgedacht“, findet die Bremer Hebamme Hannegret Leuchtenberger. An guten Ideen mangele es nicht, doch zahllose Erfindungen verstauben aus unerfindlichen Gründen in den Regalen des Patentamtes. Und so ist die Verhütung „für Frauen immer noch unangenehm oder unbequem“, findet nicht nur Leuchtenberger.
So griff die couragierte Hebamme vor sechs Jahren selbst zur Säge und entwickelte einen zielsicheren „Scheiden-Schlitten“ für Diaphragmas. Die Handhabung ist denkbar einfach: Die Gummihaut wird in einen länglichen, ovalen Schieber eingespannt. Zwei Kleckse Spermizid-Creme kommen oben drauf, und eingeführt, gleitet der Plastikschieber durch die Scheide bis an den Gebärmuttermund. Dort springt das Diaphragma dann automatisch auf die richtige Stelle.
Die Vorteile lägen auf der Hand, sagt Leuchtenberger: Das Überstülpen kann nicht mehr daneben gehen, die spermizid-haltige Creme berührt nicht den Scheidenschleimfilm, und auch die Hände bleiben sauber. Daß ihre Neuentwicklung auf dem Markt Chancen hat, davon ist die Hebamme überzeugt. 150.000 Mark steckte sie bisher in die Entwicklung und Patentierung des „Gleiters“. Die Patentrechte hat sie sich gesichert, vorsichtshalber für ganz Europa, die USA und Japan. „Hätte ich vorher gewußt, was da für Kosten auf mich zukommen, wäre ich gleich am Anfang wieder abgesprungen“, sagt sie. Doch nach den ersten 20.000 Mark Investitionen gab es für sie kein Zurück. „Und immer bekam ich von der Pharmaindustrie gesagt, das Ding sei gut“. Aber einen Produktionsvertrag hätten sie nicht mit ihr abschliessen wollen, ärgert sich die Erfinderin. Zweifel an der Nützlichkeit ihrer Erfindung hat sie nicht. Zahlreiche Frauen in der gesamten Bundesrepublik haben ihr Modell bereits ausprobiert — die Reaktionen waren überwiegend positiv. Besonders ihre Hebammen-Kolleginnen waren begeistert.
Jetzt endlich hat sie es doch geschafft. Im Oktober kommt der „Scheiden-Schlitten“ auf dem Markt — sechs Jahre nach der Patentierung. Unter dem Namen „P-di“ wartet die erste Serie von 5.000 Stück auf Abnehmerinnen. Und obendrein kann „Pidi“ auch noch bei Kinderwunsch behilflich sein, „wenn es nicht so recht klappt“. Der unerwartete Tip der Jungunternehmerin im Nebenjob: Statt Spermizid-Creme könne mann auch Sperma-Saft auf das Diaphragma träufeln.
Marion Wigand
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