piwik no script img

4U: Hörer machen mobil

■ Aktion zur Rundfunkratssitzung am Montag geplant

Mitte. »Also, paßt ma uff! Wir machen det hier nich' alleene. Wir hamm euch jeholt, damit ihr Vorschläje macht, wat zu tun is'«, sagte die 16jährige Martina energisch. Ihre Worte galten den rund 100 Jugendlichen, die sich am Montag abend im »Haus der Demokratie« in der Friedrichstraße versammelt hatten, um einen »Radio 4U-Fan Club« zu gründen. Die Jugendwelle des SFB soll nach den Vorstellungen des Intendanten Lojewski zum Jahresende eingestellt werden (die taz berichtete). Der »Fan- Club« will jetzt den Widerstand der HörerInnen organisieren.

Zunächst aber erwartete das 15 bis 25 Jahre junge Publikum offensichtlich, daß ihnen gesagt werde, wie man sich wehren könne. »Wir müssen aufpassen, daß die ganze Energie nicht verpufft«, meldete sich einer. In einen blinden Aktionismus wollte er nicht verfallen. Die Jugendlichen reichten ihre Unsicherheit an einen 4U-Mitarbeiter vor Ort weiter. Der nahm kein Blatt vor den Mund und erläuterte erst mal seine Ansichten über die bundesrepublikanische Gesellschaft: »Wer sich nicht dafür einsetzt, was er haben will, dem wird es genommen.« Der Protest müsse an eine breite Öffentlichkeit getragen werden, so daß »der Intendanz das Wasser im Arsch« koche. Die Vehemenz seiner Worte wurde mit dankbarem Gelächter belohnt. Bei einem aber stellte sich blankes Entsetzen ein: »Ich kann mir nicht vorstellen, daß es uns viel hilft, wenn wir uns mit dem Intendanten anlegen«, sagte er. Die meisten hielten das für falsche Kompromißbereitschaft. Einer berichtet von seiner Erfahrung beim Kampf um DT64 — das ehemalige DDR-Jugendradio sendet seit Juli auf Mittelwelle und ist nur noch schwer zu empfangen. Von diesem Ergebnis solle man sich nicht einschüchtern lassen: »Mit Scheingeschenken darf man sich nicht abfinden. Das führt dazu, daß der Sender Stück für Stück aus dem Äther verschwindet, durch Einschränkung der Sendezeit und ein Abschieben auf die Mittelwelle.« Die 22jährige Andrea empörte sich über die Medienpolitik: »Radio 4U ist das letzte Jugendradio, das wir hören können. Der Sender ist in der Zeit nach Rostock doppelt wichtig.«

Die erste Aktion wurde gestern beschlossen: Bei der für kommenden Montag angesetzten Sitzung des Rundfunkrats, der Lojewskis Pläne noch genehmigen muß, soll protestiert werden. Und ein 4U-Reporter ging während der Debatte auf Sendung. Auf sein Handzeichen hin schrien die Jugendlichen so laut sie nur konnten: »Achtundneunzig zwo kriegt ihr nicht k.o.« Von der Lautstärke ihrer Stimmen begeistert, bejubelten sie sich dann selbst. Ralf Knüfer

Infotelefon des »Radio 4U-Fan Clubs«: 3426505

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen