: Ein schöner Fluchtpunkt
■ Neue Räume für die Bahnhofsmission mit viel Häppchen und Reden eröffnet / Anlaufstelle für viele Hilfesuchende
mit viel Häppchen und
Reden eröffnet / Anlaufstelle für viele Hilfesuchende
Die Farbe an den Wänden scheint noch feucht zu sein, das schlichte Holzkreuz am Empfang wackelt fast noch - gestern wurde am Hauptbahnhof direkt neben Hamburgs am längsten geöffneter Schicki-Micki-Einkaufsmeile eine Anlaufstelle für weniger gut betuchte Durchreisende und Mitbürger eröffnet. Die evangelisch-katholische Bahnhofsmission eröffnete feierlich mit Häppchen und einem unendlichen Reden-Reigen ihre neuen Räumlichkeiten.
Zuvor fand in der evangelischen Dreieinigkeitskirche St. Georg ein ökumenischer Eröffnungs-Gottesdienst statt. Pastor Matthias Riemer vom Vorstand der Stadtmission freute sich sichtlich über die zahlreich erschienenen Gäste, „denn die Mission lebt von den vielfältigen Kontakten, die sie nach außen hin hat“. Besonderer Grund zur Freude boten die Helligkeit und Größe der neuen Station. „Mußte man früher eine dunkle Tür hinter sich lassen, einen dunklen Gang entlanggehen, um dann schließlich die beengten Räume der Bahnhofsmission zu finden, ist der Weg zu uns jetzt doch wesentlich schöner“, so Pastor Riemer weiter.
Vor fast 100 Jahren, genau 1896, wurde die Hamburger Dependance der barmherzigen Christen gegründet, etwa eineinhalb Millionen Menschen betreute sie seitdem. Ursprünglich war die Mission zum „Schutz der Mädchen vom Lande vor den Gefahren der Großstadt“ eingerichtet worden. Mittlerweile kümmern sich die über 80 zum größten Teil ehrenamtlichen MitarbeiterInnen - es gibt lediglich zehn hauptamtliche Stellen und fünf Zivildienstleistende - um alle Reisenden, die Hilfe und Beratung benötigen. So greifen sie vor allem alten und behinderten Menschen, alleinreisenden Kindern und Umsiedelern unter die Arme. Sie sind beim Ein- und Aussteigen behilflich, überbrücken Wartezeiten, machen Verwandte ausfindig, die ihren Besuch nicht abgeholt haben oder stehen einfach für ein Gespräch zur Verfügung. Verlorene Fahrkarten, gestohlene Papiere oder Schlafplatz-Mangel sind ebenfalls keine Probleme für die Missionare. Aber auch Obdachlose suchen bei ihnen Zuflucht. „Aus christlicher Nächstenliebe ein glaubhaftes Beispiel für eine gastfreundliche Kirche zu geben“ ist das erklärte Ziel.
Getragen wird die Organisation vom Verein für Innere Mission sowie vom Caritasverband. Bischöfin Maria Jepsen begrüßte in ihrer Rede, die sie auf einer braunen Getränkekiste hielt, daß die Stadt direkt am Hauptbahnhof ein menschliches und freundliches Gesicht zeige. Hier fänden Menschen Zu-
flucht, die sich ausgestoßen fühlten. Durch drei zusätzliche Planstellen, die mit Hilfe der Sozialbehörde eingerichtet wurden, ist die Bahnhofsmission jetzt rund um die Uhr besetzt. gag
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