MIT WÄHRUNGSTURBULENZEN AUF DU UND DU
: Vor der D-Mark-Aufwertung

■ Britische Leitzinsen gleich zweimal erhöht

London/Stockholm/Berlin (taz/ dpa) — Die Äußerungen des Finanzministers am Dienstag abend klangen bereits wie das Pfeifen im Walde. Es werde keine neue Anpassung der Wechselkurse im Europäischen Währungssystem (EWS) geben, versuchte Theo Waigel (CSU) die Presse zu überzeugen. Im EWS sind die Wechselkurse der EG-Währungen außer der griechischen Drachme festgelegt; die Notenbanken sind gezwungen, immer dann auf den Märkten einzugreifen, wenn eine der EWS-Währungen die festgelegte Bandbreite ihres Kurses verläßt. Gestern deutete nun alles darauf hin, daß die Abwertung der Lira um 3,5 Prozent und die Aufwertung aller anderen beteiligten Währungen um den gleichen Prozentsatz vergangenen Sonntag nicht ausgereicht haben, das EWS zu stabilisieren.

Das britische Pfund fiel mehrfach unter den erlaubten Mindestkurs; die italienische Lira blieb äußerst schwach und notierte ebenfalls unterhalb ihres neu festgelegten Mindestkurses von 1,2465 DM. Ein zweites „Realignment“ (Wechelkursanpassung) scheint daher keineswegs unwahrscheinlich. Und deren Kern wird eine Aufwertung der starken D-Mark sein müssen — auch wenn deren Stärke größtenteils das Resultat der Devisenspekulation ist und weit weniger auf einer realistischen Einschätzung der deutschen Wirtschaftskraft beruht (s. taz 15.7.92).

Unter dem Druck großer Devisenabflüsse haben gestern die britische und die schwedische Notenbank (Schweden hat seine Krone einseitig an das EWS gebunden) die Zinsen erhöht, um ihre Währungen zu stützen. Die Bank von England setzte den Basiszinssatz zunächst von zehn auf zwölf Prozent, später um weitere drei auf 15 Prozent herauf. Zuvor hatte die Notenbank zwei Milliarden Pfund für Stützungskäufe eingesetzt.

Bereits am Morgen hatte die schwedische Reichsbank die Tagesgeldzinsen für Banken — wie in der vergangenen Woche — wieder auf 75 Prozent angehoben, nachdem sie sie erst am Montag nach der deutschen Leitzinserhöhung von 75 auf 24 Prozent gesenkt hatte. Der Kurs der Krone zog daraufhin leicht an.

Die niederländische und die belgische Zentralbank haben dagegen gestern ihre Leitzinsen erneut gesenkt. Auch sie begründeten dies mit den Spannungen innerhalb des EWS. Ab heute betragen der niederländische und der belgische Diskontsatz acht Prozent, der niederländische Lombardsatz 9,25 Prozent. Erst am Montag hatten die belgische Nationalbank sowie die niederländische Zentralbank im Zuge der deutschen Diskontsatzsenkung die Zinsen um 0,25 Prozent reduziert. dri