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Das „rote Warnlicht blinkt“

Israels Premierminister Jizchak Rabin erinnert die Deutschen an ihre Verantwortung, einen neuen Holocaust zu verhindern/ Verstärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit  ■ Aus Berlin Dorothea Hahn

Jizchak Rabin war froh, gerade in diesen Tagen in Deutschland zu sein. Das „rote Warnlicht leuchtet“, sagte er ein ums andere Mal während seines dreitägigen Besuchs unter Anspielung auf die rassistischen Überfälle auf Asylbewerber. Ein Urteil wollte der israelische Premierminister nicht fällen — er wollte sein „Erschrecken über die Entwicklung in Deutschland“ äußern. Immer wieder stieß er die „Deutschen und ihre politischen Führer“ auf ihre Verantwortung. „Es ist Ihre Aufgabe, zu verhindern, daß es einen neuen Holocaust gibt“, betonte er gestern bei einer Pressekonferenz in Berlin. Anschließend machte er sich auf den Weg nach Oranienburg, um das Gelände des KZ Sachsenhausen zu besuchen. Für seine Begegnung mit Bonner Politikern und sein Gastspiel auf dem Kongreß der Sozialistischen Internationale in Berlin hatte sich der israelische Sozialdemokrat vorgenommen, das Thema Rassismus anzusprechen. Doch jedes Mal kamen ihm seine Gesprächspartner zuvor. Alle hätten versucht, dem Gast zu erklären, was als Nächstes zu tun sei. Sie versichterten, sie wollten Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung ergreifen und Geld investieren, um die sozialen Wurzeln des Phänomens zu bekämpfen. Ob das reicht? Rabin sagt, er sei „froh“, daß die Gefahr „in Deutschland wahrgenommen wird“. Die Leute müßten „erzogen“ werden, ergänzt er, damit sie andere Menschen als gleiche behandelten.

1975, als Rabin schon einmal Premierminister war, stattete er Deutschland seinen ersten Besuch ab — er war der erste israelische Regierungschef, der nach Bonn kam. Die Entscheidung zu der Reise sei ihm sehr schwergefallen, sagt er heute. Damals beschloß er, „in die Zukunft zu sehen“.

Für den Blick in die Zukunft hat sich der neue israelische Regierungschef auch jetzt entschieden. „Mit gutem Willen und Kompromißbereitschaft auf beiden Seiten“ könnten die Nahost-Gespräche in Washington in „sechs bis zwölf Monaten“ zum Ergebnis führen, prognostiziert er. Die Voraussetzungen für eine „Überwindung von 44 Jahren Mißtrauen, Animositäten und Haß“ seien günstig. Die Tatsache, daß Israel und die arabischen Länder die Gespräche bis jetzt fortgeführt hätten, sei ein ermutigendes Zeichen.

Ein israelischer Rückzug von den besetzten Golanhöhen, wie Syrien ihn in Washington verlangt hat, ist dennoch nicht absehbar. Bevor es zu „territorialen Verhandlungen“ komme könne, müsse Syrien Zugeständnisse machen, sagte Rabin gestern. Syrien müsse einen „Friedensvertrag“ vorlegen, der „offene Grenzen für Waren und Menschen und normale diplomatische Beziehungen“ einschließe.

Das gesamte institutionelle Europa verwies Rabin bei den Nahost- Verhandlungen in eine zweite Reihe. Europa sei „weder politisch geeint noch militärisch stark“ genug, um auf den Prozeß Einfluß nehmen zu können. Für diese Rolle eignen sich nach Ansicht Rabins allein die USA.

Deutschlands Unterstützung für Israel stellt sich Rabin in einer verstärkten wirtschaftlichen Zusammenarbeit vor. Staatliche Hilfe soll es jedoch nicht sein. Und über die von der DDR versprochenen Reparationszahlungen an Israel hat Rabin in Bonn gar nicht erst gesprochen. Begründung: „Wir haben genügend Kreditgarantien in den USA bekommen.“ Aus Deutschland erwartet er vielmehr Joint ventures, die der israelischen Wirtschaft auf die Beine helfen und nicht zuletzt Arbeitsplätze für neue ImmigrantInnen aus Rußland schaffen. „Mutige Unternehmer“, die sich nicht von den arabischen Boykottaufrufen abschrecken ließen, wünscht sich Rabin als ideale Investoren, „nicht aus Mitleid, sondern als Busineß“.

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