MIT DEN LUFTHANSEATEN AUF DU UND DU: Kranich auf Beutezug
■ Die Staatslinie will Continental Airlines übernehmen
Frankfurt/Main (taz) — Der Luftverkehr ist eine merkwürdige Branche. Am Himmel tobt ein gnadenloser Konkurrenzkampf, der eine Airline nach der anderen in tiefrote Zahlen stürzen läßt. Auch die einst so stolze deutsche Staatslinie Lufthansa trudelt mächtig — trotz des jüngst beschlossenen Sanierungsprogramms droht im operativen Geschäft zum Jahresende ein Milliardenverlust. Die Kranich-Linie steckt bis zum Hals im Schlamassel. Aber obwohl dem Carrier das Geld auszugehen droht, gehen die Lufthansa-Chefpiloten wieder auf Expansionskurs: Gemeinsam mit der kalifornischen Investmentgesellschaft Marvin Davis wollen sie die konkursreife US- amerikanische Fluggesellschaft Continental Airlines übernehmen. Kosten des neuen Abenteuers: 400 Millionen US-Dollar — 100 Millionen in bar, der Rest in Wertpapieren.
Das Angebot wurde dem Continental-Direktorium am Mittwoch unterbreitet. Das Fluggespann Lufthansa und Davis rechnet sich gute Chancen für einen Deal aus: Durch eine einzigartige Kombination von Sachkenntnis im Fluggeschäft und Finanzbereich, so glauben die potentiellen Investoren, könnte Continental aus dem Konkurs wieder zu einem starken Konkurrenten im weltweiten Flugverkehrsgeschäft aufsteigen. Da die Lufthansa keine inneramerikanischen Flüge anbieten darf, sucht sie seit langem einen US-Partner. Auf den Atlantikrouten, die 30 Prozent des Lufthansa-Umsatzes ausmachen, muß es der Carrier mit den Kampfpreisen der US-Airlines und europäischen Konkurrenten British Airways, Air France und KLM aufnehmen. Um im Nordatlantikgeschäft aber wirklich Fuß zu fassen, so die Lufthansa-Überlegungen, müssen den Kunden Anschlußflüge zu den Zielorten innerhalb der USA angeboten werden. Der Milliardär Marvin Davis, dem die Investmentgesellschaft gehört, soll in die Liaison seine große Erfahrung in der Urlaubsindustrie einbringen. Er hatte sich Ende der achtziger Jahre bereits erfolglos um die ebenfalls angeschlagenen US-Gesellschaften Northwest Airlines und United Airlines bemüht.
Außer der Lufthansa buhlen mit der Air Canada und der Maxair Holdings Inc. unter Führung des texanischen Investors Charles Hurwitz zwei weitere Fluggesellschaften um Continental. Dabei dürfte wohl weniger die fünftgrößte US- Fluggesellschaft als vielmehr deren Streckennetz interessant sein. Continental, die sich bereits seit Dezember 1990 in einem Vergleichsverfahren befindet, um vorerst den milliardenschweren Forderungen ihrer Gläubiger zu entgehen, fliegt 114 Städte in den USA und 54 Zielorte im Ausland an. Nun muß das Konkursgericht über die Angebote entscheiden. Egal wer den Zuschlag erhält — am Himmel ist derzeit kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Erwin Single
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