: Arm viermal auskugeln, für die Medien lächeln
■ Gericht hebt Strafversetzung für Kieler Polizeichef auf, der Beamte zum harten Vorgehen gegen Hausbesetzer anhielt
, der Beamte zum harten Vorgehen gegen Hausbesetzer anhielt
Das Verwaltungsgericht Schleswig hat die Strafversetzung des umstrittenen Kieler Polizeichefs Wolf- Rüdiger Röper (52) zur Schutzpolizei aufgehoben, die vom schleswig- holsteinischen SPD-Innenminister Hans-Peter Bull verfügt worden war. Bull kündigte unmittelbar nach dem Urteil Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht an.
Wolf Rüdiger Röper, Chef der Kieler Polizeiinspektion, war im Juni 1991 bei seinen Chefs in Ungnade gefallen, nachdem Einzelheiten über eine Einsatzbesprechung anläßlich einer Räumung der besetzten Kieler Sternwarte bekannt geworden waren. Röper hatte seine Uniformierten ungeniert aufgefordert, „so zuzupacken, daß der Arm vier mal aus der Kugel schlägt.“ Es sei allerdings „darauf zu achten, für die Medien immer nur zu lächeln und zu lächeln und zu lächeln.“
Zwei junge Beamte setzten die Aufforderung ihres Chefs bei der Hausräumung dann prompt in die Tat um und verletzten Hausbesetzer. Schließlich handelte es sich beim Vorgesetzten Röper um einen hochdekorierten Polizeiführer, der laut Innenministerium „bei allen Schlachten immer an vorderster Front gestanden“ und für sein hartes Vorgehen bei der Demonstration gegen das Atomkraftwerk Brokdorf 1981 sogar das Bundesverdienstkreuz erhalten hatte.
Der Kadavergehorsam hatte für zwei Prügelpolizisten Folgen, gegen sie ist mittlerweile im Zusammenhang mit der Hausräumung Anklage wegen Körperverletzung im Amt erhoben worden, gegen zwei weitere Uniformierte noch Ermittlungen. Gegen Röper wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Bull warf ihm darin „Führungsversagen“ vor, das Vertrauensverhältnis zu ihm sei gstört.
Nach Auffassung der Schleswiger Verwaltungsrichter reicht die Begründung für eine Strafversetzung aber nicht aus. Die Röper-Äußerungen seien während einer längeren Einsatzbesprechung gemacht worden und dürften nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden. Trage man den näheren Umständen Rechnung, unter denen die Bemerkungen erfolgt seien, so könne daraus nicht auf Führungsversagen geschlossen werden. Bull habe Röper zu Unrecht versetzt.
Rückendeckung erhält Röper auch von der CDU-Fraktion. Sie forderte gestern Bull, der schon wegen seiner Pläne zur Auflösung der Bereitschaftspolizei von den Polizeifetischisten unter Beschuß geraten war, abermals zum Rücktritt auf. CDU-Geschäftsführer Meinhard Füllner: „Bulls verbissene Verfolgungsjagd auf Röper muß endlich beendet werden.“ Nach CDU-Auffassung ist „die Hatz auf einen verdienstvollen Polizeibeamten“ nicht gerechtfertigt, das Gericht habe nun die „unglücklichen und zu Recht kritisierten Äußerungen Röpers korrekt eingeordnet.“
Bull gibt jedoch nicht auf, ist zuversichtlich, Röper in der nächsten Instanz durch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts doch noch loswerden zu könne. Dieses Gericht hatte nämlich im Oktober 1991 bei der Überprüfung der Polizeimaßnahmen Röper vorgeworfen, den Anforderungen nicht gewachsen gewesen zu sein. Seine Empfehlungen zum Vorgehen gegen die Besetzer hätten auf ein Verständnis schließen lassen, so das Gericht, „das mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren ist.“
In Hamburg wäre es wegen eines solchen Vorfall sicherlich nicht zu einer derartigen Eskalation zwischen Polizeiführung und Innenbehörde gekommen. Denn in der Elbmetropole pflegt Innensenator Werner Hackmann Polizeiführer, denen rechtswidriges Handeln wie beim Hamburger Kessel nachgewiesen werden kann, durch Beförderung aus ihrem vorherigen Betätigungsfeld abzuziehen. Kai von Appen
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