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JazzRastaFunk & Vibes

■ Galliano Projekt '92 ließen mit Musik und Tanz eine Party steigen

„Diese Sozialpädagogen und Hippieveteranen haben ja überhaupt keine Ahnung, wie es auf einem HipHopkonzert zugeht“, schrie der heftigst tanzende und sich dabei recht grob amüsierende HipHoper in breitem Norddeutsch seiner in Schweiß getränkten Freundin zu, während der Mitdreißiger im dezenten Wollpullover vor ihm mißbilligend über die Schultern blickte und vor schwingenden Körperteilen in Deckung ging. Nicht legalisierte Rauschmittel zogen durch das Modernes, und die Ankündigung von der Bühne, daß jetzt endgültig Kurs auf Funkedifunk genommen würde, enthusiasmierte das Publikum heftig.

Die acht Musiker und zwei Tänzer vom „Galliano Project 92“ hatten bis dahin in einer knappen Stunde die Party mit einer raffinierten Mischung aus Jazz, Rap, Raggae und Soul gut in Schwung gebracht. Die Partikel aus den verschiedenen Stilen: aus Hits, bekannten Dancegrooves oder alten Bebopstandards wurden in einen grellbunten, hochprozentigen aber durchaus geschmackvollen Cocktail gemixt. Der Song „Jazz“ began mit der Basslinie aus „A Night in Tunesia“, Sängerin Valerie Etienne lieferte mit ihrer Soulstimme einen aufregenden Kontrast zum Rapper Brother Constantine, und Keyboarder Mick Talbot zitierte mit viel Vergnügen die funkigsten Pianisten von Horace Silver bis Herbie Hancock. Daß sie beim Abkupfern die Lieferanten nicht verleugnenten, bewiesen sie, indem sie ins Zentrum des Konzerts zwei Jazzhymnen von Pharoah Sanders setzten. Dessen über zwanzig Jahre altes „Mastermind“ sowie „Peace on Earth“ bekamen durch die aufgefrischten Texte vom irischen Gründer der Band Rob Galliano einen ganz aktuellen, politischen Bezug.

In der letzten Stunde des Konzerts wurden dann mit lang ausgebreiteten Funknummern eher die Tanzmuskeln als die Ohren angesprochen. Tänzer Uncle Big Man und der sich wie eine Mischung aus Hofnarr und Voodoopriester gebärdende „Vibe Controller“ Snafe wirbelten auf der Bühne herum, und die von dort oben vielbeschworenen Vibes ließen das Publikum tatsächlich in den HipHopHeaven schweben. Auch der vermeintliche Sozialpädagoge wippte schließlich ein wenig mit der Hüfte. Wenn man die modischen Attitüden und das ganze Kultgetue wegläßt, bleibt Galliano eine Band voller Energie, Spielwitz und viel Liebe zur schwarzen Musik. Willy Taub

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