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: Der Geistesblitzableiter

■ Wolffs Revier, Do., 20.15 Uhr, Sat.1

Kernig kiekt der Kommissar in die Kamera. Kantig das Kinn, kalt der Kaffee. Kreiert hat ihn, den Star der ersten Sat.1-Eigenproduktion im Kriminalgenre, Karl Heinz Willschrei, dem man Gutes zutrauen konnte. Der Mann schreibt seit Jahren fürs Fernsehen und erwarb sich einen erstklassigen Ruf mit den Tatort-Folgen um Kommissar Haferkamp. Willschrei weiß auch viel über das Metier und krakelt darum die halbe Pressemappe zu Wolffs Revier — schöner Titel übrigens — mit Grundsatzgedanken voll. In „jener lakonischen, mit grimmigem Spott durchsetzten Sprache, die zum Krimi gehört“, soll sein Held mit den Gefährten parlieren.

Aber wo waren denn diese Dialoge? Im Drehbuch steckengeblieben? Von einem Reinecker-Apologeten obstruktiv ausradiert? So dumpf-papieren wird ja sonst nur mittwochs in den einschlägigen Derrick-Wiederholungen gelabert. Erklärungsschwanger reichten die Schauspieler knochentrockene Satzstangen durch den Raum, deren Inhalt unüberhörbar nicht den jeweiligen Gesprächspartner meinte, sondern den Dritten im Bunde: den Zuschauer.

Auch die verklemmte Kameraführung, verantwortet von Regisseur Michael Mackenroth, erinnerte fatal an die statischen Inszenierungen, mit denen schon Kommissar Keller selig ins Bild gesetzt wurde — als hätte es, um die beiden Extreme zu markieren, Miami Vice oder Polizeirevier Hill Street nie gegeben. Nicht minder holzschnittartig die Dramaturgie: Mord, Ermittlungen in der Kneipe, Tatverdächtiger, Erleuchtung beim Palaver mit der Ex- Gattin, Großeinsatz der grünweißen Garde, Fall gelöst, Mörder gesteht, Klappe.

Keine Frage: es reineckerte an allen Ecken und Enden. Selbst Gaststar Vadim Glowna, der vorhersehbar den Täter abgab, repetierte seine Standardrolle, mit der er schon ungefähr 97mal bei Ode, Tappert oder Schimpf gastierte. Bewährtes wird offenbar auch bei den Privaten immer wieder gern genommen.

Die Titelfigur Andreas Wolff, seines Zeichens Hauptkommissar der Berliner Mordkommission, ist so elastisch wie ein Eichenbrett. „Mord hat Vorrang“, knarrt es erbarmungslos aus ihm heraus, als seine Geschiedene wegen der abhängigen gemeinsamen Tochter vorspricht. Gerade wurde 'Dirty Andy‘ von einem Gedankenblitz getroffen, als ihm nämlich die naheliegendste aller Ideen ins Gehirn fuhr, und es gilt, den Mordverdächtigen unverzüglich damit zu konfrontieren.

Mitunter haben Geistesblitze ja einen irreparablen Hirnriß zur Folge. Was das betrifft, muß sich der gute Hauptkommissar aber schwerstens in acht nehmen.Herr Dittmeyer