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Starre Positionen und ein erstes Ergebnis

Bei der Genfer Jugoslawienkonferenz geben die Vertreter der drei Kriegsparteien Sicherheitsgarantien für Hilfslieferungen nach Sarajevo/ Weltsicherheitsrat empfiehlt UN-Ausschluß Rest-Jugoslawiens  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Am Samstag verlautete aus Genf das erste greifbare Ergebnis der Jugoslawienkonferenz: Nach einer entsprechenden Empfehlung des UNO- Hochkommissariats für Flüchtlinge wird die seit dem 3. September unterbrochene Lufbrücke nach Sarajevo möglicherweise Mitte dieser Woche wiederaufgenommen. Jedoch: Angesichts der anhaltenden Kämpfe vor allem im Gebiet um den Flughafen der bosnischen Hauptstadt werden heute voraussichtlich nur einige der an der Luftbrücke beteiligten Staaten die Bereitstellung von Transportmaschinen und Piloten für künftige Hilfsflüge bekanntgeben.

UNO-Hochkommissarin Ogata gab die Empfehlung zur Wiederaufnahme der Hilfsflüge, nachdem die Vertreter der Kriegsparteien — der Führer der bosnischen Serben, Karadzic, der bosnische Außenminister Silajzic und Kroatenführer Boban — ihr schriftliche Sicherheitsgarantien sowohl für Flüge wie für Landtransporte gegeben hatten. Hilskonvois sollen künftig vor allem auf den Straßen von Split, Belgrad und Zagreb nach Sarajevo sowie von Belgrad nach Gorazde ohne jegliche Behinderung verkehren können. Dasselbe gilt für Transporte freigelassener Gefangener, die das Rote Kreuz oder die UNO-Soldaten durchführen.

Ogata selbst nannte die Sicherheitsgarantien „nicht voll befriedigend“. Angesichts der verzweifelten Lage von rund 400.000 Menschen im von den Serben belagerten Sarajevo habe sie damit jedoch nicht länger warten können. Italien will sich erst wieder an den Hilfsflügen beteiligen, wenn der endgültige Bericht über den Abschuß der italienischen Transportmaschine am 3. September vorliegt. Bei heftigen Kämpfen in Sarajevos Vororten Stup und Zuc versuchten die Serben am Wochenende, die zum Flughafen führende Straße unter ihre Kontrolle zu bringen.

Keine Annäherung gibt es hingegen in der Frage der staatsrechtlichen Ordnung Bosniens. Silajzic erklärte am Wochenende, Bosnien-Herzegowina bleibe „eine multikulturelle Gesellschaft, die sich auf ihre große Tradition der Koexistenz und Toleranz gründet“. Serbenführer Karadzic beharrte hingegen auf der Aufteilung in drei unabhängige Staaten, die dann miteinander allerhöchstens eine Konföderation bilden könnten. Bosnien-Herzegowina sei als Staat „nicht mehr existent“. Seine Anerkennung durch die internationale Staatengemeinschaft müsse „rückgängig gemacht werden“, um den Krieg zu beenden. Und auch Kroaten-Chef Boban konnte mit einer Neuigkeit aufwarten: Weil in der zunächst aus zwei Serben, zwei Muslimen und zwei Kroaten bestehenden Delegation der bosnischen Regierung „kein Konsens mehr bestand“, seien die beiden Kroaten in seine Delegation übergewechselt.

Mit zwölf Jastimmen hatte der UNO-Sicherheitsrat am Samstag den Ausschluß Rest-Jugoslawiens empfohlen. Dieses könne „nicht automatisch“ den UNO-Sitz des zerfallenen Staates beanspruchen. Serbien und Montenegro wurden aufgefordert — getrennt oder auch gemeinsam —, einen Neuantrag auf Mitgliedschaft zu stellen. Die UNO-Vollversammlung wird über diese Empfehlung vielleicht bereits heute beschließen. Der Leiter der Genfer Konferenz, Cyrus Vance, machte jedoch deutlich, daß diese Maßnahme Belgrads Bereitschaft zu einer konstruktiven Teilnahme an den Friedensverhandlungen kaum erhöhen dürfte und die Stellung von Ministerpräsident Panic im Machtkampf mit Milosevic schwächen könnte.

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