: Dem Manne kann geholfen werden
■ UKE-Wissenschaftler sollen Ursachen für Zeugungsunfähigkeit ergründen
ergründen
Ein junger Mann wollte ein Kind zeugen. Es machte Spaß, aber es klappte nicht. An der Freundin lag es nicht, also ging er zum Andrologen, wo er in einer eigens dafür vorgesehenen abgeschirmten Kabine in ein Glas ejakulierte. Das Ergebnis war niederschmetternd: Nur 25 Prozent seiner Samen zeigten die ausreichende Beweglichkeit, eine Quote, die die Zeugung eines Kindes unwahrscheinlich erscheinen läßt. Doch der Männerarzt wußte guten Rat: nicht mehr rauchen, weniger saufen, gesünder essen, keine Saunabesuche und auch sonst ein streßfreieres Leben. Und siehe da, nach zwölf Monaten war eine Quote von 65 Prozent erreicht. Die Folge: Neun weitere Monate später plagten den Mann ganz andere Probleme.
Kein Einzelfall: Die Zeugungsfähigkeit der Männer in westlichen Industriestaaten ist ins Gerede gekommen. Jedes zehnte Paar bleibt ungewollt kinderlos, in rund 40 Prozent der Fälle liegt die Ursache beim Mann. Das Bundesministerium für Forschung hat nun einem interdisziplinären Verbund von Hamburger Wissenschaftlern 3,7 Millionen Mark Drittmittel zur Verfügung gestellt, um „neue Erkenntnisse über Entstehung, Erhalt und Wiederherstellung der männlichen Zeugungsfähigkeit zu gewinnen“. Man will die Ursachen für Kinderlosigkeit nicht mehr länger nur bei den Frauen suchen, begründet der in Bonn zuständige Beamte Dr. Peter Lange das Ansinnen seines Ministeriums.
„Wir wollen keine Manipulation an der Fortpflanzung betreiben“, versichert Professor Adolf-Friedrich Holstein vom Anatomischen Institut des UKE. Es gelte vielmehr, Grundlagenwissen über die Enstehung der Samenzellen und die Steuerung ihrer Entwicklung zu sammeln. Denn im Gegensatz zu den weiblichen Fortpflanzungsorganen werden die männlichen erst seit 30 Jahren erforscht.
Definitiv darauf festnageln, ob es
1denn nun wirklich stimmt, daß die Zeugungsfähigkeit abnimmt, läßt sich kaum ein Wissenschaftler. Laut Ärztezeitung vom 7. September hat sich die durchschnittliche Spermienproduktion in den vergangenen 30 Jahren mehr als halbiert: von ursprünglich 100 Millionen auf 40 Millionen Zellen pro Kubikmilimeter Ejakulat. UKE-Professor Holstein sieht die Ursache vor allem im höheren Alter der Wunsch
1eltern. Professor Carl Schirren, als Begründer der Andrologie am UKE auch Papst der Männerärzte genannt, bestreitet eine abnehmende Tendenz. Heute würde eben nur mehr aufgeklärt und untersucht, meint der heute noch praktizierende Androloge. So sei die Festlegung von Normwerten relativ willkürlich, galt vor 30 Jahren eine Dichte von 100 Millionen Spermien pro Kubikmililiter als „normal“, so
1liege der heutige Wert bei 20 bis 30 Millionen.
Darüberhinaus gebe es eine Vielzahl an Faktoren, die die männliche Fruchtbarkeit beeinflussen. Ein italienischer Arzt machte jüngst sogar das Leben aus zweiter Hand, das Fernsehen, verantwortlich. Vor 30 Jahren seien die Paare viel häufiger miteinander ins Bett gegangen als heute. Für das Echte gibt es eben keinen Ersatz. Kaija Kutter
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