: Alkoholpulle als Alibi
KOMMENTAR
Alkoholpulle als Alibi
Wenn eine Frau einen Vergewaltiger oder ihren eigenen Ehemann in ihrer Verzweiflung umbringt, weil er sie über Jahre hinweg geprügelt und zum ehelichen Sex gezwungen hat, dann wird die Betroffene über Jahre hinweg im Frauen-Knast verschwinden. „Mord“, heißt es dann, einen Affektbonus oder „mildernde Umstände“ gibt es in der Regel bei den Männergerichten nicht.
Die Rechtsradikalen oder Rassisten haben mittlerweile ein Patentrezept gefunden, wie Mann Menschen abschlachten oder abfackeln kann, ohne daß gravierende Strafen zu erwarten sind. Die Formel: Mann ballert sich ordentlich die Birne mit Sprit voll und läßt dann seinen rassistischen Trieben freien Lauf. Nach diesem Muster verfahren schon seit langem vor allem die rechtsradikalen Skinheads.
Die Bilanz gibt ihnen Recht: So prügelten rechtsradikale Glatzen im vergangenen Jahr einen Türken in Bergedorf halb tot, für ihren Suff wurde ihnen verminderte Zurechnungsfähigkeit zugebilligt. Die Hauptstrafe betrug drei Jahre, zwei Mittäter bekamen Bewährungsstrafen.
Oder in Rostock. Dort fakelt Mann mit vernebelten Kopf ein Flüchtlingsheim ab, die gefaßten Randalieren bekommen anschließend geringfügige Strafen, wovon im Westen Hausbesetzer nur von träumen können.
Und nun der Fall in Billstedt: Da werden abermals grundlos drei Menschen niedergestochen, und wieder wird den Messerstechern mildernde Suffumstände wegen Alkohol zuteil werden. Damit muß endlich Schluß sein. Überfälle auf Ausländer oder Linke sind politisch motivierte Straftaten. Es kann nicht angehen, daß die Justiz in diesem Bereich immer wieder die Augen verschließt oder besondere Milde zeigt. Denn sonst werden langsam höchtsoffiziell Ausländer zu Freiwild für Rassisten erklärt und zum Abschlachten preisgegeben. Mann muß nur vorher einen Schluck aus der Pulle genommen haben und schon ist das Alibi perfekt!. Magda Schneider
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