: Phobie und Wünsche in der Tram
■ Das Tanztheater Fumi Matsuda gastierte mit "Traum entgleist" im Monsun-Theater
gastierte mit Traum entgleist im Monsun-Theater
Stangengerüste, von der Decke hängende Halteschlaufen: Eine Straßenbahn bot am vergangenen Wochenende den Hintergrund für das Tanztheaterstück Traum entgleist im Monsun. Vier Frauen (Regula Mahler, Brigitta Schrepfer, Monika Usenbenz und Christa Miranda) stehen in der Tram. Sie haben keinen Platz mehr bekommen, halten sich an den Schlaufen fest und hängen ihren Gedanken nach. Daß sie hier nebeneinander stehen, ist rein zufällig, hat mit ihnen persönlich nichts zu tun. Daß die Tram überfüllt ist, ist ihnen unangenehm. Im Gedränge bleibt die Anonymität nicht unangetastet, und das hat mit ihnen persönlich zu tun. Aber das Alltägliche beginnt in andere Bahnen zu entgleisen.
Das Tanztheater Fumi Matsuda aus Zürich verwandelt die Tramsituation in eine grelle Traumsituation. Erst momentweise, dann rückhaltlos, driften die vier Frauen in ihre Phantasiewelten ab, durchleben Phobien, Wünsche und Leidenschaften, vergessen sich im Traumrausch. Eine hört Musik aus einem Walkman, sie zuckt zu Rhythmen eines Funks, der nur für ihre Ohren spielt, bis sie der Tanz ganz mitreißt. Selten klingt auch reale Musik aus dem Off.
Die Choreographie der Japanerin Fumi Matsuda findet krasse und ungewöhnliche Figuren für den Tanztaumel, der umso hemmungsloser wird, je weiter die eine oder andere Traumtänzerin sich vom Hintergrund der Haltestangen und Schlaufen löst und sich nach vorne bewegt. Aus einer Sprache aus Angst und Abwehr wird der Auslöser zum Tanz. Damit blühen Qual, Sehnsucht und Lust auf, oder vorübergehend auch ein, zwei Augenblicke des Glücks. Kein tristes Jammerstück, kein entfesseltes Versinken in eine Exstase, sondern ein bewegtes Spiel der Impulse wird da vorgeführt. Ein Lehrstück über den Traum? Am Ende ist alles wie am Anfang, vier Frauen stehen in der Tram. Nur die Träume hatten ihre Pointen, und ein Rätsel bergen sie auch, denn: Können Träume sich begegnen und zusammen tanzen? Dorothea Schüler
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