piwik no script img

Musikfest-Bilanz: Überschuß

■ Finanzierung gedeckt, Musiker begeistert, vieles ausverkauft, Sponsoren bleiben treu

Selten hören wir solche Nachrichten: das Bremer Musikfest schließt ab mit einem richtigen Überschuß. Wenn nicht noch zusätzliche Konzerte veranstaltet werden, klingeln 100.000 Mark über die Kostendeckung hinaus in der Kasse; Kartenverkauf, Sponsor-Firmen und Behörden hatten sich zu je einem Drittel an der Finanzierung (Gesamtvolumen 1.500.000) beteiligt.

Wer Sponsoren hat, muß sie pflegen und vor allem herzeigen; deshalb schleppen diensteifrige Helfer zu den Musikfest-Pressekonferenzen immer unübersehbare Stelltafeln an, auf denen die Namen der großzügigen 14 Bremer Firmen anzugucken sind, die übrigens auch '93 dabei sind. Auch bei der gestrigen Abschluß- Bilanz des Musikfestes saßen die Organisatoren stolz vor den Tafeln. „Ganz unhanseatisch“ wollte es Staatsrat Gerd Schwandtner (Kultur) doch mal ausssprechen: auf das Musikfest „können wir sehr stolz sein“. Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen hatte ihm am besten gefallen, und von dem Aufschwung des Musiklebens könne zum Beispiel auch das Staatsorchester nur profitieren.

Bremen ist ja klein, aber oho Oberzentrum, und nicht nur der Herr Schwandner läßt immer häufiger immer mal wieder Fremdsprachiges, am liebsten Englisches fallen: Musikfest-Organisator Thomas Albert betonte nicht nur stolz „never change a winning team“, sondern war auch ganz angetan vom „Cross over“, von dem breiten Spektrum über die einfahrenen Sparten hinaus, das er bei den MusikerInnen und im Publikum bemerkt hatte: Jazz- Fans saßen im Streichquartett und umgekehrt, SchülerInnen ertrugen und feierten geradezu Neue Musik. Daß bei der Gelegenheit auch das Umland als Spielstätte entdeckt wurde mit seinen „wunderschönen Kirchen und Burgen“, soll nicht vergessen werden, weil ja auch ein Oberzentrum „die Hand reichen soll nach draußen“. Gleich mehrere Orchester und Ensembles waren im nachhinein vom Bremer Publikum sehr angetan. Die Kammerphilharmonie hatte bei der Empfangs-Feier nach dem Konzert schon hocherfreut von der Resonanz und Lebendigkeit der ZuhörerInnen geschwärmt, das turtle Island String Quartett hatte „sowas noch nicht erlebt“.

Werbe-Agentur-Chef Hermann Pölking-Eiken lieferte einen Tag nach dem vorletzten Konzert die noch kopierwarme Bilanz der 24 Konzerte in Bremen und in 8 Umland-Orten. 15.500 Karten wurden ausgegeben (90%), davon 8% als Freikarten an Presse, Organisationen und Sponsoren. 1.700 blieben unverkauft — auch wegen des Prinzips, ein Kontingent für die Abendkassen zu reservieren. Das soll auch so bleiben. Bei Preisen zwischen 15 und 100 Mark kostete die Durchschnittskarte 35 Mark. 18 Konzerte waren ausverkauft. Das Verdi-Requiem am 27.11. ist fast schon dreimal mit Reservierungen für etwaige Wiederholungen ausverkauft. Und dabei gab es fast doppelt so viele Konzerte und Plätze wie 1991. Pölking-Eiken: „Bremen kann mehr vertragen.“

Aussichten: Staatsrat Reinhard Hoffmann kündigte an, daß statt des Fördervereins künftig eine richtige GmbH Trägerin des Musikfestes werden soll; wer die Anteile halten wird und ob Thomas Albert Geschäftsführer werden soll, ist noch offen. Und: aus dem Bremer soll in '93 ein Hanseatisches Musikfest werden. S.P.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen