: Offener Brief an Frau Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, Bonn
an Frau Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, Bonn
Sehr verehrte Frau Präsidentin, wie der Presse (taz vom 12.9.92) zu entnehmen war, haben Sie Herrn Baki Tug, Vorsitzender des türkischen Verteidigungsausschusses sowie weitere Experten in die Bundesrepublik ausdrücklich eingeladen und dieser Tage offiziell empfangen.
Dem Treffen soll ferner eine gemeinsame Fahrt nach Kirchen, mit einem Besuch der Waffenfirma Jung, Jungental dienen. Anschließend Abendessen in der türkischen Botschaft.
Wenn Sie diesen Gast, einem Vertreter der mit unglaublicher Härte gegen Oppositionelle vorgehenden Militärdiktatur, 25 Tage nach der mit deutschen Waffen erfolgten Vernichtung der kurdischen Stadt Sirnak empfangen, gestatten Sie mir diesen, zwar nicht offiziellen, dafür nicht minder logischen Schluß:
In dieser Runde wurde dann sicher im Beisein der PolitikerInnen der erfolgreiche Abschluß der zuvor getätigten Waffenkaufgeschäfte gefeiert. Das folgende „Programm“ ist mit tödlicher Sicherheit sattsam bekannt:
Die Waffen werden eingesetzt gegen die kurdische Zivilbevölkerung. Diese flieht nach Westen, einige bis nach Zirndorf oder Rostock oder Quedlinburg. Dort werden ihnen dann die Todeshändler selber die „echten“ Fluchtgründe absprechen, weil sie selbst die Täter sind.
Hierüber zu schweigen, könnte als Verständnis gedeutet werden. Daher ist es mir ein Bedürfnis, Ihnen meine Betroffenheit und meinen Protest gegen diese deutsch-türkische Waffenbrüderschaft zu übermitteln. Reinhold Koch, Mitglied der Fraktion Die Grünen im Vegesacker Beirat
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