: Asyldebatte: CDU im Hessen-Landtag isoliert
■ Gemeinsame Haltung von FDP, SPD und Grünen/ FDP wackelt schon
Wiesbaden (taz) — Am Ende der knapp zweitägigen Debatte des hessischen Landtages zum Thema Asyl stand fest, daß der Fraktionschef und Landesvorsitzende der Union, Manfred Kanther (53), seine Christdemokraten direkt in die politische Isolation geführt hatte. Kanthers Weigerung, mit den anderen Fraktionen über die Beschleunigung der Asylverfahren vor einer Grundgesetzänderung auch nur reden zu wollen, war selbst der oppositionellen FDP eine Nummer zu barsch.
Sie überwies zusammen mit SPD und Grünen einen entsprechenden Antrag der Koalition in die Ausschüsse — und Kanther stürmte mit versteinerter Miene aus dem Plenarsaal. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Rupert von Plottnitz, kommentierte das Ergebnis: „Die CDU ist offensichtlich durch die Position ihres Fraktionsvorsitzenden Kanther blockiert.“
In den Ausschüssen wird jetzt auf der Basis der Beibehaltung des Artikel16 Grundgesetz über ein „Zuwanderungsgesetz“ und über Verfahrensschritte zum Abbau des Aktenberges in Zirndorf genauso konkret verhandelt werden können, wie über den B-Status für Kriegsflüchtlinge. „Und das alles ohne den absurden Dauerstreit um den Asylrechtsartikel im Grundgesetz“ (Grüne). Die Grünen betonten bei ihrer Begründung für die Aufnahme eines FDP-Änderungsantrags in den 17-Punkte-Katalog die Bedeutung der Außenwirkung eines Konsenses zwischen den Parteien: Vor dem Hintergrund der Ausschreitungen neonazistischer Kräfte, so Rupert von Plottnitz, seien die Grünen bereit, „in Sachverhandlungen auch mit den Parteien einzutreten, deren Meinung wir nicht teilen“. Plottnitz legte allerdings Wert auf die Feststellung, daß es nach wie vor darum gehen müsse, die Asylverfahren zu beschleunigen, und nicht darum, Grundrechte abzubauen: „Wir sehen den Artikel16 als Menschenrecht an, das erhalten bleiben muß. Es gibt keinerlei Bedarf, den Artikel16 zu ändern.“
Was die Zustimmung der FDP letztendlich Wert ist, wird sich allerdings erst in den Ausschußberatungen erweisen. Offenbar auf Druck der in die Isolation geratenen CDU, hat die FDP nur knapp eine Stunde nach der Landtagsdebatte in einer Presseerklärung den verabschiedeten Kompromiß wieder in Frage gestellt und erneut auf eine „notwendige Änderung des Artikel16“ verwiesen. Klaus-Peter Klingelschmitt
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