: Handwerksherren unter sich
■ Frauenbeauftrage unerwünscht: Handwerkskammer befolgt Gesetz nicht
Das Personal der Handwerkskammer möchte sein gutes Recht in Anspruch nehmen, eine Frauenbeauftragte zu wählen. Doch dies ließ die Handwerkskammer nicht zu, denn sie findet das Landesgleichstellungsgesetz verfassungswidrig. Deshalb fand gestern ein Erörterungstermin beim Verwaltungsgericht statt. Richter Klies mußte zunächst überrascht feststellen, daß nicht der gesamte geladene Vorstand der Handwerkskammer erschienen war. „Wenn ein Gericht anordnet, daß der Vorstand zu erscheinen hat, da haben Sie das Nachdenken einzustellen und gesammelt hier zu erscheinen“, rügte er die Versuche der nur drei erschienenen Vorstands-Herren, sich herauszureden. Einer der Vorständler meinte, nicht gewußt zu haben, was dies hier „für eine Veranstaltung“ sei. — „Den Ausdruck Veranstaltung verbitte ich mir!“ Der Richter war über die gesetzlose Haltung des Vorstandes der Handwerkskammer bald nicht mehr nur überrascht, sondern sichtlich genervt.
Es habe ihn schon verwundert, daß er auf den letzten Brief keine Antwort erhalten habe. Das Verwaltungsgericht hatte sich zur Frage der Frauenbeauftragten an die öffentlich-rechtliche Körperschaft gewandt und geäußert, daß es die bisherige Haltung der Kammer mißbillige und „dringend empfohlen, ihre bisherige Einstellung zu überdenken“. Aber die Handwerkskammer hält an ihrer Meinung fest: „Wenn wir das Gesetz für verfassungswidrig halten, dann wenden wir das nicht an.“
Seit November 1990 besteht das Bremische Landesgleichstellungsgesetz, und seit Juni 1991 kämpfen die Angestellten auch in der Handwerkskammer um ihre Frauenbeauftragte. Die ÖTV hat ihnen einen Anwalt für das Arbeitsrecht empfohlen. Dieser schüttelte wie die drei Klägerinnen einfach nur den Kopf. Richter Klies war über das Beharrungsvermögen der Handwerker-Herren auch erstaunt und hätte gerne eine juristische Begründung der Handwerkskammer, weshalb sie einfach schlichtweg ein Gesetz nicht anwenden wollen. Da kam aber nichts.
„Dieses Verhalten der Handwerkskammer ist unter keinen Umständen rechtlich haltbar“, kündigte der Richter an, aber die Männer von der Kammer blieben stoisch. „Bei einem Richter würde man das Rechtsbeugung nennen, was Sie hier machen“, sagte Richter Kliese und legte die Akten zum nächsten Instanzweg zurecht. vivA
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