: Maulkorb für einen Polizisten
■ Ausländerfeindlichkeit ist in der Polizeibehörde tabu
Berlin. Darf ein Polizeibeamter ausländerfeindliche Tendenzen in seiner Behörde feststellen? Eine Frage, die die Berliner Polizei in den letzten Tagen in helle Aufregung versetzte und regelrecht verbale Kapriolen schlagen ließ. Der Hintergrund: Eckhardt Lazai, Polizist und Fachlehrer am Referat politische Bildung der Berliner Polizei, hatte vergangene Woche auf einer Tagung des Europarats in Straßburg von ausländerfeindlichen Tendenzen bei der Berliner Polizei gesprochen.
So zumindest stand es am letzten Freitag in einer Meldung der französischen Nachrichtenagentur AFP, abgedruckt in der Süddeutschen Zeitung.
Als die taz daraufhin am Montag dieser Woche um ein Interview mit Eckhardt Lazai bat, wiegelte die Polizei-Pressestelle ab. Polizeisprecher Eberhardt Schultz warf seinem Kollegen vor, nicht vorher seine Vorgesetzten informiert zu haben. Schließlich seien dies »schwere Vorwürfe«. Doch die Berliner Polizei hatte ihre Rechnung ohne einen Reporter der Berliner Zeitung gemacht. Am darauffolgenden Dienstag standen Lazais Vorwürfe schwarz auf weiß im Blatt: Er habe »Ausländerfeindlichkeiten im Gespräch mit Beamten« bemerkt, insbesondere die Mitarbeiter aus dem Osten fühlten sich alleingelassen. Außerdem hätten viele Polizeibeamte den »Umgang mit Minderheiten nicht gelernt«.
Gestern schränkte nun Eckhardt Lazai seine Bemerkungen wieder ein — in der Berliner. Er habe lediglich von »zunehmenden Vorbehalten gegenüber den verstärkten Wanderungsbewegungen von Ausländern nach Deutschland« gesprochen. Pressesprecher Schultz wollte bei diesem Rückzieher seines Kollegen von einem Druck gegenüber seinem Kollegen natürlich nichts wissen. Lazai habe sich von der Presse »falsch verstanden gefühlt« und daher um »Klarstellung« gebeten. Außerdem sei das Interview nicht autorisiert worden. Schultz: »Wer sich hinstellt und behauptet, ein Teil der Berliner Polizei sei ausländerfeindlich — der muß seine Behauptungen auch belegen.« Die Ohren des Herrn Lazai scheinen da offenbar nicht auszureichen. Severin Weiland
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