: Musik zwischen den Tönen
■ Bei den Japan-Tagen: Ensemble Köln mit Werken von Yuasa, Fujieda und Hosokawa
Kaum jemand weiß hierzulande etwas über die zeitgenössische Musik und Malerei Japans, zu selten bekommt man sie vor die Sinne. Am Sonnabend war eine der wenigen Gelegenheiten — umgeben von den neuesten Bilder Tomoharu Murakamis spielte das „Ensemble Köln“ in der Galerie Rabus Werke von Joji Yuasa, Momoru Fujieda und Toshio Hosokawa.
Murakamis Arbeiten, die noch bis zum 18. 12. zu sehen sind, bestehen nur aus den Farben Schwarz (Öl) und Rot (Acryl) — die gespachtelte und gepinselte Oberfläche strahlt die Ruhe und Konzentration aus, mit der Murukami seine Werke schafft. Die benachbarten Bilder scheinen aneinander anzuknüpfen und erinnern damit an die traditionelle japanische Verskunst „renga“, in der jedes neue Gedicht an das Vorhergehende anknüpft.
Diese Tradition hat der Komponist Toshio Hosokawa (Jahrgang 1955) in seinem Stück Im Tal der Zeit (1986) bewußt verarbeitet: hier entwickeln sich die musikalischen Phrasen wie ein langsames Atmen aus den ersten Takten weiter. Dabei bleibt es aber nicht: Aus dem Zusammenspiel von Klavier und Streichquartett ergeben sich immer wieder neue Ideen. Ein Stück auch zum Dazwischenhören, auf die Pause, auf das „Tal“ in der Musik, wenn eine Phrase noch im Raum klingt und die andere schon geahnt werden kann. Das zweite Stück von diesem Komponisten, Fragmente II (1989) spinnt den Hörer mit dem permanent, aber von wechselnden Instrumenten gespielten Ton „fis“ ein, bis die Klänge, die Flöte und Streicher darumherum erzeugen, wie eine Variation dieses einen Tones erscheinen.
Weniger traditionelle Wurzeln waren in den Stücken des 1929 geborenen Joji Yuasa zu hören: In Territory (1974) füllt jedes Instrument sein eigenes „Territorium“ aus, ein Nebeneinander, in dem spannende Zusammen- und Gegenklänge entstehen. In Mutterings (Gemurmel, 1988) dagegen standen die Instrumente im Dienst der Singstimme. Die Mezzosopranistin Lesley Bollinger überzeugte durch ihre gekonnte Interpretation eines „psychopathischen“ Textes von R. D. Laing, während das einfühlsam und präzise spielende „Ensemble Köln“ ruhig und exakt von ihrem Leiter Robert HP Platz dirigiert wurde.
Die Japan-Tage von Galerie Rabus, Dacapo und Radio Bremen machen noch mehr Entdeckungen möglich: am nächsten Sonntag spielen die renomierten japanischen Free-JazzerInnen Aki Takase und Nobuyoshi Ino. Wilfried Wiemer
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