: »Obst und Gemüse« nur noch bis 22 Uhr
■ Bürgerinitiative Oranienburger Straße wehrt sich gegen das Nachtleben/ Sperrstunde für Szene-Kneipe bereits erreicht
Mitte. Berlins beliebtestem Nachtboulevard Oranienburger Straße soll der Garaus gemacht werden, wenn es nach dem Willen einiger Anwohner geht. Rund 100 Menschen haben sich dort jetzt zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen, weil sie das nächtliche Treiben in der Straße, vor allem um das Kunst- und Kulturzentrum »Tacheles« und die Kneipe »Obst und Gemüse«, stört. Und fast scheint es so, als hätten sie ihr Ziel schon bald erreicht. Den Betreibern von Obst und Gemüse wurde gestern vom Wirtschaftsamt Mitte auferlegt, das Lokal ab sofort um 22 Uhr dichtzumachen. Gleichzeitig wurden die Betreiber aufgefordert, »durch geeignete Maßnahmen die von Ihrer Gaststätte ausgehenden Geräuscheinwirkungen soweit zu mindern«, daß der maßgebliche Immissionsrichtwert »Innen« von 25 Dezibel in den umliegenden Wohnungen des Gebäudes nicht überschritten werde. Erst dann dürfe das Lokal bis zum frühen Morgen öffnen. Die Bürgerinitiative Oranienburger Straße zieht schon seit mehreren Monaten gegen das Obst und Gemüse und das gegenüberliegende Tacheles zu Felde. Dort »findet in besetzten Häusern und auf Straßen und Bürgersteigen ein Leben fern jeglicher gesetzlicher und gesellschaftlicher Zwänge« unter dem »Deckmäntelchen von Kulturzentren« statt, heißt es in ihrer Presseerklärung. Mehrfach habe man vergeblich versucht, sich mit den Betreibern des Obst und Gemüse zu einigen, so die »54 Mitglieder und 55 Sympathisanten« weiter. Auch das Einschalten der Polizei habe nichts genützt. Schließlich habe man beim Wirtschaftsamt erfahren, daß das Lokal Obst und Gemüse gar keine Gaststättenerlaubnis habe.
Nach Angaben der Betreiber von Obst und Gemüse, Dominik Ries und Volker Pradel, lag der Antrag auf Konzessionserteilung dem Amt bereits sei Anfang März vor, wurde aber erst gestern mit der Sperrfrist 22 Uhr erteilt. »Wir wollen alles versuchen, um den Lärm zu reduzieren«, versicherten sie gestern mit Hinweis darauf, daß bereits ein Ingenieurbüro mit einem entsprechenden Lärmschutz- Gutachten beauftragt sei. »Aber wenn uns das nicht gelingt, werden wir wohl zumachen müssen«, denn Obst und Gemüse sei schließlich ein Lokal für Nachtschwärmer. Die Betreiber können sich nicht des Eindrucks erwehren, daß sie »für die Wiederbelebung der toten Straße zum Sündenbock« gemacht werden sollen. Auch wenn sie den Umgangsstil der Bürgerinitiative unmöglich finden — »es hat niemals Gesprächsversuche gegeben«—, hoffen Ries und Pradel noch auf eine Einigung. Ihr Vorschlag: Kneipenbesitzer, Anwohner und Wohnungsbaugesellschaft sollten sich am Runden Tisch zusammensetzen, um über eine Finanzierung von Lärmschutzfenstern für die Anwohner zu beraten. plu
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