: Mit sauberen Händen
■ AIDA zeigt in der Ausstellung "Folter" Arbeiten von Erhard Göttlicher zu einem aktuellen und verdrängten Thema
zeigt in der Ausstellung Folter Arbeiten von Erhard
Göttlicher zu einem aktuellen und verdrängten Thema
„Musik, die man nicht hören will, kann man ausmachen. Ein Buch, das man nicht lesen will, kann man zumachen. Aber ein Bild, das man einmal gesehen hat, vergißt man nicht“, sagt der Hamburger
Maler Professor Erhard Göttlicher.
Folter ist seine Ausstellung überschrieben, die morgen in den Räum-
lichkeiten der Internationalen Vereinigung zur Verteidigung verfolgter Künstler (AIDA) eröffnet wird.
Mit einem Zitat Augusto Pinochets, dem ehemaligen Junta-Chef und derzeitigen Oberbefehlshaber des Heeres in Chile, wird der Besucher gleich aufs Bitterste empfangen. „Menschen müssen gefoltert werden, weil es die Sicherheit des Staates erfordert“, prangt am Eingang des AIDA-Gebäudes direkt bei den Krameramtsstuben. So geleitet stößt man im engen Fachwerkbau auf die bedrückenden Bilder, die mit Bleistift, Tusche, Pastell- und Acrylfarben gemalt wurden.
Nackte Männer stehen auf geöffneten Konservendosen, Menschen sind von Kopf bis Fuß in Bandagen eingewickelt, ein Körper hängt zusammengebunden an einer Metallstange — vier Stromkabel sind an der Haut befestigt. Einem anderen Mann sind Schnüre zwischen Hoden und Füßen gespannt worden. Zeichnungen von blutigen Fußsohlen und Menschen, die mit Daumenschrauben oder einer Würgebirne aus dem 16. Jahrhundert malträtiert werden, tun ein übriges, um dem Betrachter die Grausamkeit, zu der Menschen fähig sind, direkt vor Augen zu führen, unter Bildtiteln wie „Kastration“, „Ersticken“ oder „Prügelstock“.
Auf den ersten Blick harmlos erscheint das Bild „Er wollte sich die Hände nicht schmutzig machen“. Es zeigt einen Mann, der nur mit Unterhose und roten Gummihandschuhen bekleidet ist. Das Opfer dieses Mannes, der chilenische Literat Iscorti Cartens, brachte es auf den makaberen Punkt: „Es war
schließlich heiß und er mußte hart arbeiten“.
Seit 1973 setzt sich Göttlicher mit Folter auseinander. Damals hatte er auch das Buch „Glorreiche Erfindungen“ entdeckt. Es enthielt Kapitel über Folterinstrumente. Er zeichnete nach Fotografien und Be-
richten Bilder über Folter in El Salvador, Chile und dem Deutschland der Nazizeit. Göttlicher über seine Arbeit an dem schwierigen Thema: „Man kann mit Problemen, die man selbst bearbeitet hat, besser umgehen.“ Gregor Gerlach
Krayenkamp 10, bis 10.11.
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