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Hoyerswerda - Nidda

■ betr.: "Quarantäne für die Terrorzentren" von Ulrich Hausmann, taz vom 29.9.92

betr. „Quarantäne für die Terrorzentren“ von Ulrich Hausmann, taz vom 29.9.92

Ich stimme dem Vorschlag, das Notstandsrecht gegen den rassistischen Terror und seine Sympathisanten (in Hoyerswerda etc.) anzuwenden, zu. Enzensberger hat mit dem Stichwort „Gewaltmonopol des Staates“ die Richtung gewiesen. Dazu zwei Anmerkungen aus der Geschichte dieses Landes:

1. Struktur und Verlaufsform der Pogrome (U. Hausmann: „Massenaktionen im Schutze eines beifallklatschenden Mehrheitsmobs“) sind nahezu identisch mit jenen im November 38. Statt Hoyerswerda z.B. Nidda in Oberhessen am 10.11.38: Es sind Kinder aus den letzten Klassen der Volksschule, die sich vor dem Lebensmittelladen des Vorstehers der jüdischen Gemeinde zusammenrotten, gleichsam die Vorhut mit Steinen und Sprechchören; sie machen das Haus im Ortskern sturmreif. Ihnen folgen Jugendliche und ein paar teils alkoholisierte Erwachsene, die in das Haus einbrechen, die Bewohner verprügeln und die Einrichtung zerschlagen, in Sichtweite gafft die Bürgerschaft, brüllt Beifall; Polizei und Feuerwehr treten auf, als die Aktion beendet ist; die schweigende Mehrheit bleibt zu Hause, ekelt sich bzw. denkt, selber schuld. Ein Unterschied zwischen damals und heute: statt des inspirierenden Fernsehens walten in Nidda und anderswo der Staat, die Partei, der Lehrer als Befehlsgeber.

2. Ziemlich verborgen auf ihrer Seite „Geisteswissenschaften“ hat die FAZ (am 23.9.92) einen Zeitschriften-Aufsatz rezensiert, der sich mit dem Abhandenkommen des staatlichen Gewaltmonopols in der Weimarer Republik befaßt.

Die „Ursachen für die verhängnisvolle moralische Gleichgültigkeit der deutschen Gesellschaft gegenüber der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus“, so die FAZ, sehe der Autor „in der jahrelang erprobten stillen Duldung illegaler politischer Gewalt“. Dem ist nichts hinzuzufügen. Es muß Schluß sein mit der schon jetzt Platz greifenden Gewöhnung an den rassistischen Terror und seine aktiven Sympathisanten. Vor Ort. Johannes Winter,

Rosbach v.d. Höhe

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