: Vogel will nicht singen
■ Auftritt des Ex-DDR-Anwalts vor dem Schalck-Untersuchungsausschuß
Als unumgängliche „Arbeitskontakte“ bei der Erfüllung seiner humanitären Missionen hat der langjährige DDR-Unterhändler im Häftlingsfreikauf, der Ostberliner Rechtsanwalt Wolfgang Vogel am Donnerstag als Zeuge vor dem Schalck-Untersuchungsausschuß des Bundestages seine Connection zum Ministerium für Staatssicherheit dargestellt.
Schließlich sei die Stasi das „zuständige Ermittlungsorgan in allen politischen Verfahren“ gewesen. Demgegenüber lassen Stasi-Akten jedoch auf eine weit engere Beziehung Vogels zur Stasi schließen. Danach wurde der Anwalt in den 50er Jahren als GM (geheimer Mitarbeiter) „Georg“ geführt, vom MfS motiviert, sich um eine Zulassung in West-Berlin zu bemühen und offenbar von Mielkes Mannen gezielt aufgebaut.
Auf konkrete Nachfragen und Vorhalte aus MfS-Akten wich Vogel gestern aus oder verweigerte die Antworten unter Verweis auf ein gegen ihn laufendes Ermittlungsverfahren der Berliner Staatsanwaltschaft.
Ferner wies Ex-Anwalt Wolfgang Vogel alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück, er habe sich im Zuge des innerdeutschen Häftlingsfreikaufs unzulässig bereichert oder Mandanten erpreßt: „Ich lasse mir weder Honorarwucher noch Geldgier vorwerfen.“ Vielmehr habe er sein anwaltschaftliches Mandat zu jeder Zeit korrekt und im Einvernehmen mit den jeweiligen Bonner Bundesregierungen abgerechnet.
Insgesamt versuchte Vogel in seiner streckenweise recht pathetischen Einlassung — „die fragenden Augen der Inhaftierten“ — den Eindruck zu erwecken, er habe sein Mandat aus rein humanitärem Antrieb und völlig selbstlos ausgeübt.
Ingrid Köppe (Bündnis 90) protestiert bei Ausschuß-Vorsitzendem
In einer Erklärung zu Beginn der Sitzung protestierte die Abgeordnete Ingrid Köppe (Bündnis 90/ Grüne) gegen die Verhandlungsführung des Ausschußvorsitzenden Friedrich Vogel (CDU). Vogel hatte am Mittwoch abend die Befragung des Schalck-Stellvertreters und Stasi-Obristen Manfred Seidel durch Frau Köppe rüde abgewürgt mit der offenkundig falschen Begründung, die Abgeordnete zitiere aus Unterlagen, die den übrigen Ausschußmitgliedern nicht vorlägen; ferner zielten ihre Fragen am Untersuchungsauftrag vorbei.
Frau Köppe hatte Seidel nach der Arbeitsgruppe Baude gefragt, die in Schalcks „Kommerzieller Koordinierung“ für die Beschaffung westlicher Embargogüter zuständig war.
In ihrem Proteststatement belegte sie unter exakter Benennung der Seitenzahlen, ausschließlich aus den allen Abgeordneten vorliegenden Akten zitiert zu haben. SPD-Obmann Andreas von Bülow kritisierte ebenfalls in einer Stellungnahme Vogels Verhalten gegenüber Frau Köppe als „sehr harsch“; es bestehe kein Zweifel, daß die Aktivitäten der AG Baude zum Untersuchungsauftrag gehörten.
Friedrich Vogel selbst ging kommentarlos zur Tagesordnung über. Thomas Scheuer
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