Wird ein Gatt-Wunder geschehen?

■ US-Wahlkämpfer Bush braucht den Welthandelserfolg

Genf (taz) — Die Angst des George Bush vor einer Wahlniederlage und die Sorgen der EG- Regierungen vor einer Weltwirtschaftskrise sollen jetzt das bewirken, was auf Welthandelsebene seit sechs Jahren nicht klappt: die Gatt-Verhandlungen zu einem liberalen Welthandelsabkommen abzuschließen. Seit Anfang des Jahres sind die Gatt-Verhandlungen zum „Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen“ praktisch eingefroren, weil allen 107 beteiligten Nationen ein Durchbruch vor den US-Präsidentschaftswahlen höchst unwahrscheinlich schien.

Doch heute treffen in Brüssel die führenden Unterhändler von USA und EG zusammen, um über den Abbau von Agrarsubventionen sowie Erleichterungen für die internationale Expansion von Dienstleistungsunternehmen zu feilschen. Die Wahlkämpfer des US-Präsidenten setzen auf medienwirksame Auftritte des Außenpolitikers und Jobschaffers George Bush auf internationalem Parkett. Und in den Hauptstädten der EG erhofft man sich angesichts der Krise auf den Finanz- und Devisenmärkten von Handelserleichterungen positive Signale für die Weltwirtschaft.

Doch wenn heute in Brüssel verhandelt wird, wird die US-Handelsbeauftragte Carla Hills mit Sicherheit keine Konzessionen auf den Tisch legen. Denn würden die USA ihre Forderungen an die EG nach Kürzungen der Agrarsubventionen herunterschrauben, brächte dies George Bush zusätzliche Probleme in den Farmstaaten des Mittleren Westens: Er stünde dort als Vernichter von Jobs da.

Auch aus der EG gibt es bislang noch keinen Hinweis auf veränderte Positionen. Erreichbar scheint so allerhöchstens eine Minimallösung, weit entfernt von einem umfassenden Gatt-Abkommen. Andreas Zumach