Lange Warteschlangen auch für EG-Ausländer

■ In der Meldestelle in der Invalidenstraße warten Bürger aus der EG, den USA und Japan nächtelang auf Visaverlängerung

Berlin. Die Auslagerung von Teilen der Ausländerbehörde in andere Dienststellen der Stadt zeugt von einem Dilettantismus erster Güte. Nicht nur die Kriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien müssen nächtelang an der Antragsstelle am Waterloo- Ufer Schlange stehen (die taz berichtete mehrfach), sondern auch die Staatsbürger der EG, EFTA, USA und aus Japan vor der unlängst eingerichteten Meldestelle in der Invalidenstraße. Zur Erinnerung: Die Innenverwaltung hatte die Verlagerung dieser Dienststellen aus der Ausländerbehörde am Friedrich-Krause- Ufer damit begründet, die Wartezeiten würden somit verkürzt und die Schlangen entzerrt.

„Man hat keine Chance, abgefertigt zu werden, wenn man erst um sechs Uhr morgens kommt“, berichtete die 23jährige amerikanische Studentin Rachel Anderson, die in der vergangenen Woche am „EG-Schalter“ ihr Visum verlängern wollte. Die Behörde, die irgendwann in die Seydelstraße in Mitte umziehen soll, ist montags, dienstags und donnerstags in der Zeit von 7.30 bis 13.00 und freitags bis 12.00 Uhr geöffnet. Ein Schild am Eingang gibt bekannt, daß pro Tag nur 50 Personen abgefertigt würden. Nummern für den jeweiligen Tag gibt es erst ab 7.00 Uhr morgens. Betroffen davon sind rund 60.000 Ausländer.

Rachel Anderson hatte sich am vergangenen Freitag bereits um ein Uhr nachts in der Invalidenstraße angestellt und war zu diesem Zeitpunkt bereits die sechste in der Warteschlange. „Am Tag zuvor war ich erst um 4.30 Uhr da, und kam als Nummer 55 nicht mehr dran“, berichtete sie. Um zu verhindern, daß Späterkommende sich vordrängeln, habe sie am Freitag die Organisation der Warteschlange selbst in die Hand genommen und jeden Neuankömmling samt Uhrzeit auf einem Zettel registriert. „So konnten sich die Leuten wenigstens für ein paar Stunden unter dem überdachten Eingangsportal aufs Ohr hauen.“

Um 3.50 Uhr hatte Rachel Anderson bereits 40 Wartende notiert, kurz nach vier Uhr war die Zahl fünfzig voll. „Als die Behörde aufgemacht hat, waren wir an die 100 Menschen, die vielen, die schon vorher umgekehrt sind, nicht mitgerechnet.“ Aber nicht mal die ersten 50 in der Schlange hätten wegen des früheren Behördenschlusses zum Schalter vordringen können. „Die meisten kamen bereits zum zweiten oder dritten Mal vergebens“, beschwerte sich Anderson über „die menschenunwürdigen Zustände“. „Es gibt im Freien nicht mal eine Toilette, und ständig kommt es zum Streit aus Angst, jemand drängelt sich vor.“

Einer der Wartenden, erzählte die Studentin, habe in jener Nacht ein Flugblatt mit der Aufforderung verteilt: „Schon wieder nicht drangekommen? Wenn Sie sich beschweren wollen, rufen Sie die Innenverwaltung 867-1 oder die Ausländerbehörde 392426 an!“ Warum es nicht möglich sei, auf telefonische Anfrage Termine zu vergeben, will Rachel Anderson wissen. Außerdem sollte endlich ein Schild mit einer Auflistung der erforderlichen Unterlagen ausgehängt werden. „Viele müssen mehrfach kommen und sich jedes Mal neu anstellen, weil den Beamten plötzlich einfällt, daß noch weitere Papiere fehlen.“ Die von der taz auf die Zustände am EG-Schalter hingewiesene Innensenatssprecherin Martina Ernst gab sich erstaunt: „Es ist doch gar nicht mehr nötig, sich schon nachts anzustellen“, versprach dann aber doch eine Prüfung. plu