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Skandal im Sprechbezirk

■ 500 Mark Geldbuße für Schimpfwort Nutte

Wer außerhalb des Strichs jemand anderen als Nutte bezeichnet oder hurenähnliches Verhalten vorhält, wird mit einer Geldbuße nicht unter 500 Mark bestraft. Zur Zahlung von fünf Blauen verdonnerte das Amtsgericht Bremen gestern einen 63jährigen Rentner, der Ende vergangenen Jahres im Ausländeramt die Berufsbezeichnung der Sachbearbeiterin Susanne B. verkannte. „Sie sind eine Nutte“, habe der Rentner laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft wörtlich gesagt und ihr eine „schlechte Erziehung“ vorgeworfen.

Die Sachbearbeiterin bedachte daraufhin ihren Amtskunden statt der gewünschten Aufenthaltsverlängerung für dessen philipinische Frau mit einer Strafanzeige. „Das muß ich mir nicht sagen lassen“, meinte die beleidigte Frau gestern zum Richter. Der hatte seine liebe Mühe bei der Rekonstruktion der Vorgänge.

Vier Stunden hatte der Schmäher im Gang des Amtes gewartet, um den Antrag für seine Frau abzugeben. Ein erster Konflikt mit der Sachbearbeiterin entspann sich nach der Wartezeit um die Frage, ob für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis eine Meldebescheinigung nötig sei. Darauf sei ihm ein kräftiges „Reden Sie keinen Scheiß. Machen Sie, daß Sie rauskommen“ entgegengeschallt.

Daraufhin soll der Angeklagte laut seiner eigenen Version gesagt haben: „Solche Worte nehmen nur Straßenhuren in den Mund“. Die juristische Frage: Gibt es einen Unterschied zwischen der Bezeichnung „Nutte“ oder der Annahme, daß bestimmte Wörter einer bestimmten Berufsgruppe zugeordnet und die so zugeordneten mit der Zuordnung entsprechend beleidigt werden? Nein, sagte der Richter. Marion Wigand

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