piwik no script img

Stasi-Oberst belastet Stolpe schwer

■ Der amtierende Ministerpräsident soll Orden doch vom MfS bekommen haben/ Er dementiert

Berlin (taz) — Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) ist in hoher Not: Der frühere Konsistorialpräsident der evangelischen Kirchen in der DDR hat, was die Umstände der Verleihung seiner DDR-Verdienstmedaille angeht, nach Angaben eines Stasi-Offiziers gelogen. Stolpe hat bisher beteuert, die Auszeichnung im Herbst 1978 vom Staatssekretariat für Kirchenfragen erhalten zu haben.

Dem widerspricht nun der frühere MfS- Oberstleutnant Klaus Roßberg. Der 56jährige, einer der Führungsoffiziere des IM „Sekretär“, gab gegenüber dem Magazin „akut“ des Privatsenders Sat. 1 eidesstattlich zu Protokoll, er habe gemeinsam mit dem Leiter der Stasi-Kirchenabteilung XX/4, Joachim Wiegand, dem Kirchenjuristen Stolpe die Medaille verliehen. Die Stolpe belastende Aussage: „Die Verleihung des Ordens war feierlich. Ich und Herr Wiegand, der noch hinzukam, haben in maßvollen Worten seinen [Stolpes] Anteil am Werden der Beziehungen zwischen Staat und Kirche gewürdigt. Anschließend haben wir darauf und auf die Ordensverleihung mit einem Glas Sekt angestoßen.“

Manfred Stolpe hat diese Aussage dementiert. Mitte September hatte er dem Untersuchungsausschuß in Potsdam mitgeteilt, daß ihm „nach meiner Erinnerung“ der 1979 verstorbene Staatssekretär für Kirchenfragen, Hans Seigewasser, den Orden überreicht habe — bei einem der regelmäßigen Treffen in dessen Dienststelle. Auch hier widerspricht der MfS-Mann: „Dieses Treffen fand in einem Dienstobjekt des MfS in der Eckhofstraße 17 in Berlin Köpenick“, in einem Gästehaus der Stasi, statt.

Der frühere Oberstleutnant gibt als Motiv für seine Erklärung an, die „falschen Darstellungen von Herrn Manfred Stolpe“ nicht länger hinnehmen zu wollen. Seinen Angaben zufolge geht die Verleihung auf ein Gespräch in der für die Kirchen zuständigen Abteilung XX/4 des MfS zurück. Stolpe sollte die „Verdienstmedaille der DDR als eine Auszeichnung des Ministerrates bekommen“. Das MfS wollte damit Stolpes Beitrag am Zustandekommen der Grundsatzvereinbarung zwischen Kirche und Staat im März 1978 würdigen. Der mit der Medaille üblicherweise verbundene Geldbetrag von 1.000 Mark wurde nach Roßbergs Worten übergeben. Stolpe habe den Betrag angenommen und ihn dann einem Kindergarten in Potsdam überwiesen.

Die Frage, wer die Medaille verliehen hat, spielt in der Auseinandersetzung um Stolpes vielfältige Kontakte zur Staatssicherheit eine zentrale Rolle. Der SPD-Politiker hat stets angegeben, ohne sein Wissen und Wollen von der Stasi als IM „Sekretär“ geführt worden zu sein. Danach hätten ihn Mitarbeiter der Stasi auch nicht auszeichnen können.

In einer ersten Stellungnahme hat die Brandenburger SPD-Fraktion erklärt, sie stehe weiterhin hinter dem Ministerpräsidenten. Es stehe die Aussage Stolpes gegen die eines früheren Stasi-Offiziers. Dessen Angaben werden sich indes überprüfen lassen.

Außer den Stasi-Offizieren soll auch das Hausmeisterehepaar, „das uns betreut hat“, bei der Preisverleihung zugegen gewesen sein. Wolfgang Gast Seite 2

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen