: Facts, please-betr.: "Herr und Frau Mob", taz vom 28.9.92
betr.: „Herr und Frau Mob“,
taz vom 28.9.92
Ich weiß nicht, was so ein Artikel soll. Da werden ein paar Menschen zitiert, und ihre, gelinde gesagt, unangenehm klingenden Äußerungen werden als Manifestation des „Volkswillens“ ausgebreitet. Es liest sich flott und ist doch ärgerlich. Was bringt es, einen über seinen Job und vielleicht über seine Klienten zu Recht frustrierten Beamten, ein paar geistig schmalbrüstige Damen und eine Professorin, die wohl heimlich Kardinal Ratzinger den Endsieg wünscht, als pure Inkarnation des „Mob“ zu betrachten? Nichts, außer dummer Wut und einen wohligen, moralisch inbrünstigen Schauer, nachdem man sonst ja keine Zwangsmittel hat. Ist das zynisch?
Warum kann man die Vertreter des „Mob“ nicht anders beschreiben? Warum kann eine aufgeklärte Zeitung nicht einfach hingehen und die möglichen rechten Sympathisanten klar und nüchtern, vielleicht sogar mit Einfühlungsvermögen, sehen? Oder ist ein Truman Capote mit seiner meisterhaften Schilderung eines kaltblütigen Mordes nur schwer möglich nachzuvollziehen? Oder ein Hubert Selby, der nüchtern eine Jugendgang schildert? Das ist doch das, was ich von einer Zeitung erwarte? Oder bringen nur Angelsachsen so was fertig? Das kann man doch, oder?
Muß man dann noch an die ausreichend unappetitlichen und teilweise aber hilflos gehemmten Äußerungen der Geschilderten noch den Rattenschwanz dranhängen und die braune Revolte des „Mob“ beschwören? Facts please. Wer solche Menschen als typisch deutsch hinstellen mag, hat sicher nicht Hanif Kureishi oder Salman Rushdie gelesen, die als Asiaten wohl autobiographisch erlebten Rassismus in England erzählen. Wo bleiben die Vernunft und der klare Blick? Oder waren die diesmal nicht gewollt? Götz Müller-Zimmermann, München
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen