Wo ist das erstklassige Ensemble?

■ Hamburger Sport Verein: Diego Amando Maradona oder ohne Investitionen gibt es keinen Weg aus der Krise

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Wo ist das erstklassige Ensemble?

Hamburger Sport Verein: Diego Amando Maradona oder ohne Investitionen gibt es keinen Weg aus der Krise

Diego Amando Maradona, zeitweise verschnupftes Fußball-Pummelchen und einer der letzten verbliebenen Kicker mit genialistischen Zügen im Trikot des Hamburger Sport Vereins, glaubt man Sport Bild, hätte dies zu Beginn der Saison der Fall sein können. Johnny Solterbeck, millionenschwerer Bauunternehmer und HSV-Mäzen aus Kiel, wollte den Argentinier nach Hamburg locken. Die Vorraussetzung dafür wäre die Verpflichtung von Maradonas Lieblingstrainer Carlos Billardo gewesen. Doch Solterbeck stieß mit seinem Vorschlag beim Hanseatischen Rennomierclub auf taube Ohren. Manager Bruchhagen schob Schwierigkeiten mit dem DFB vor und Präsident Jürgen Hunke verharrte weiterhin auf seinem Sparkurs.

Auch wenn es sich heute abwegig anhört, daß ein internationaler Top-Star zum mittlerweile abstiegsgefährdeten HSV wechselt, hätte es doch einiges bewirkt. Denn: Der Aufstieg des Vereins zur absoluten europäischen Spitze konnte Anfang der 80ger Jahre auch nur durch die Verpflichtung eines Spielers von der Qualität eines Kevin Keegan bewerkstelligt werden. Und auch die spätere Verpflichtung von Franz Beckenbauer zahlte sich zumindest beim Zuschauerzuspruch aus. Der Versicherungsverkäufer Jürgen Hunke möchte indes den Verein durch harte Sparmaßnahmen finanziell gesunden und nimmt dabei scheinbar in Kauf, daß der Zuschauerzuspruch unter der erwarteten Kalkulation und somit ein wirtschaftliches Ziel des Vereins, eine hohe Eigenkapitalrentabilität, auf der Strecke bleibt. Das Ziel des vormaligen Europacupgewinners der Landesmeister ist, laut Bruchhagen, fundamentiertes Mittelmaß. Davon sind die Kicker um HSV–Coach Benno Möhlmann noch weit entfernt. Und auch wenn dieses Ziel erreicht wird, leben kann ein Verein mit dem Anspruch des HSV damit nicht.

Investitionen ausschließlich mit Eigenkapital zu tätigen, spottet jeglicher wirtschaftlicher Vernunft. So konnte der gelernte Gymnasiallehrer früher vielleicht einmal eine höhere Knabenschule führen. Doch wenn, wie beim HSV derzeit, die Eigenkapitalrentabilität gen Null zusteuert, ist die Aufnahme von Fremdkapital wirtschaftliche Notwendigkeit zur Steigerung des Ertrages.

Denn: Wer soll die Hamburger in Massen ins Volksparkstadion locken, wenn nicht ein absoluter Top-Star. Das letzte ausverkaufte Haus konnten die Hanseaten zu Zeiten von Thomas Doll verbuchen. Der wurde verkauft und die jetzige Mannschaft kann froh sein, so engagiert sie sich in letzter Zeit auch zeigen mag, die Stellinger Betonschüssel zur Hälfte zu füllen.

Präsident Hunke rennt unterdes durch die Stadt und erzählt jedem ungefragt sein Leid: Das Volksparkstadion sei schuld an der Misere des HSV und die Stadt müsse seinen Verein ebenso wie das Opernhaus fördern. Nur: Die Oper verfügt derzeit über ein halbwegs erstklassiges Ensemble. Der HSV indes ist weit davon entfernt über ein solches zu verfügen.

Kai Rehländer