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Drogengetto durch Druckräume?

■ Diskussion: „Wohnraum statt Druckraum“ gegen „Junkies brauchen Drogen jetzt“

Trägt ein öffentlicher Druckraum zur Lösung des Bremer Drogenproblems bei? Wenn es nach dem Landes-Drogenbeauftragten Guus van der Upwich geht, dann nicht. Der bezeichnete einen solchen Raum bei einer Diskussion in der vergangenen Woche als „verkappte Legalisierung“, bei der „hinter der Tür erlaubt sei, was vor der Tür verboten ist.“

Rund 200 Interessierte, größtenteils AnwohnerInnen des Viertels, waren am Donnerstag Abend auf Einladung der Grünen Stadtteilgruppe Mitte zum „öffentlichen Nachdenken über Druckräume“ ins Cafe Lagerhaus gekommen. Auf dem Podium: Vier DrogenexpertInnen aus Politik, Verwaltung und Sozialarbeit.

Regine Linder, Mitarbeiterin eines „Kontaktladen“ genannten Druckraums in Bern, konnte als einzige aus Erfahrung sprechen. Seit sechs Jahren gibt es in Bern eine solche Einrichtung. „Wir haben es geschafft, die Zahl der Todesfälle unter Abhängigen zu verringern“, erzählt sie. Auch der soziale Kontakt der Junkies untereinander sei verbessert worden, außerdem werden die Abhängigen direkt im Kontaktladen beraten.

Karoline Linnert (Grüne), Sprecherin der Sozialdeputation, kann der mochte der Schweizerin nicht unwidersprochen zustimmen. Das Drücken stehe in solchen Einrichtungen zu sehr im Vordergrund. Damit sei der Druckraum eine „Art Institution“ mit der das sozialpolitische Ziel verfehlt werde. Stattdessen fordert sie, wie der Drogenbeauftragte vorher, für Drogenabhängige Wohnungen und Arbeitsplätze. „Drücken soll nur einen geringen Teil im Leben der Junkies einnehmen.“ Gegen öffentliche Druckräume spreche derzeit auch die Rechtslage. „Nach Auffassung des Senates ist das illegal.“

Heino Stöver, Mitarbeiter des Vereins für Akzeptierende Drogenarbeit, hielt das für unrealistisch: Das sei „eine sozialpolitische Utopie, von der wir weit weg sind“, sagte er, und machte die Notsituation der Abhängigen deutlich: „Die Leute brauchen die Drogen jetzt“. Er setzt auf eine ergänzende Diskussion, auf Wohnungen und Druckräume, ein „entweder oder“ dürfe es nicht geben.

Unter den AnwohnerInnen war die Akzeptanz in zwei ungleiche Hälften gespalten: „Der Winter kommt. Irgendwo müssen sie doch hin“, hieß es vereinzelt, die Mehrheit befürchtete einen „magische Anziehungskraft“ für Abhängige und weitere Zusammenballungen. Mit Druckräumen sei eine „Gettobildung“ verbunden.

Die Gefahr der Gettoisierung ist sehr groß“, bestätigte Regina Linder. Ihrer Meinung nach solle der Einfluß von Druckräumen aber nicht überschätzt werden. Um die Drogenproblematik in den Griff zu bekommen, sei die „Gesamtoptik“ wichtig. Für sie hieß das „Legalisierung „ und „Freigabe“.

Guus van der Upwich setzte dagegen auf Beratungsstellen. Drücken sollte dort nicht erlaubt sein, doch Upwich räumte ein: „Bei Obdachlosigkeit wäre es irrsinnig, es zu verbieten.“ In der Drogenberatungsstelle Bauernstraße würden die Junkies dann eben „um die Ecke gehen“. M.W.

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