: Das gebrochene Versprechen
Statt des von Trainer Peter Neururer verheißenen Sieges schaffte der 1. FC Saarbrücken gegen Bayern München nur ein 1:1 (1:0) ■ Von Günter Rohrbacher-List
Saarbrücken (taz) – Zu Hause bei Jörn (5) und Christine (3) geht es wohl meist lustig zu. Vater Peter Neururer (37), Trainer des überraschend starken Aufsteigers 1. FC Saarbrücken, ist ein wahrer Schelm und immer für einen frechen Spruch gut. Nach dem unglücklichen 2:4 beim 1. FC Köln hatte Neururer verkündet, seine Saarbrücker seien die ersten, die den FC Bayern München in dieser Saison schlagen würden. Nicht ganz vergessen war da ein Samstag im Frühling 1991, als der damals bei Hertha BSC Tätige nach dem 3:7 im Münchner Olympiastadion von den Berlinern entlassen worden war.
Die Voraussetzungen im Saarbrücker Ludwigspark-Stadion waren ideal. Keines ihrer bisher drei Bundesliga-Gastspiele hatten die Bayern hier ohne Schaden überstanden. Am 16. April 1977 besiegte der gegen den Abstieg kämpfende 1. FCS die Münchner mit Maier, Beckenbauer, Schwarzenbeck, Müller, Rummenigge gleich 6:1 und erhielt sich für kurze Zeit die Bundesliga. Nach dem dritten Wiederaufstieg im letzten Mai war den Malstattern knallhart prophezeit worden, ihr neuerliches Gastspiel in der höchsten Spielklasse sei wieder nur auf ein Jahr befristet. Doch dem finanziell maroden Klub (gerade wurde eine Öko-Reiniger produzierende Firma als Trikotsponsor gefunden) gelangen auf dem Transfermarkt einige unverhoffte Glücksgriffe, unter anderem mit dem bisher vernünftig-verträglichen Wolfram Wuttke, einem geläuterten Thomas Stickroth (zurück aus dem schottischen St. Mirren), dem meist treffsicheren Kalifornier Eric Wynalda und dem kaiserlichen Präsent Stefan Beckenbauer.
Alle vier trugen dazu bei, daß der FC Bayern mit dem überragenden Olaf Thon und dem furchtbar schwachen Lothar Matthäus zu seinem ersten Auswärtsminuspunkt nach Siegen in Uerdingen, Köln und Dortmund kam. Thomas Helmer in der 17. und Markus Schupp in der 21. Minute vergaben beste Chancen, bevor Lothar Matthäus im Mittelfeld den Ball vertändelte und Wolfram Wuttke in seiner unnachahmlichen Art auf und davon zog. Über Eric Wynalda erreichte der Ball den Kopf von Thomas Kristl, und Raimond Aumann landete mit dem Ball im Netz. Nur der beste Münchner, Olaf Thon, hielt noch vor der Pause dagegen und zwang Torhüter Stefan Brasas zu einigen artistischen Einlagen.
Doch so schlecht die Bayern auch spielen mögen, seit Erich Ribbeck Effenberg und Laudrup ausbootete, ein halbes Dutzend Neue verpflichten ließ und der Mannschaft einredete, sie sei die beste der Liga, ist auch das früher dauerabonnierte unverschämte Glück zu den Bayern zurückgekehrt. Kaum waren beide Teams wieder auf dem Rasen, zauberte Jorginho eine Ecke vor das Tor der noch vom Pausentee angesäuselten Saarbrücker. Oliver Kreuzer stieg am höchsten – 1:1.
Nach diesem frühen Ausgleich mußte man das Schlimmste befürchten, doch das rote Tor-Inferno blieb aus, der 1. FCS hielt weiter mit, und Eric Wynalda vergab zwölf Minuten vor Schluß mutterseelenallein vor Aumann den verdienten Sieg. „Es hätte ein Tor mehr sein können, aber mit dem Unentschieden gegen die Bayern sind wir zufrieden“, bemerkte Thomas Stickroth, der selbst kurz vor Schluß aus dreißig Metern an Aumann scheiterte. „Letztlich wird es gleich sein, ob die Bayern mit acht oder mit zehn Punkten Meister werden“, hatte Stefan Beckenbauer vor dem Spiel orakelt. Doch nach der Leistung von Saarbrücken muß es Erich Ribbeck um die Seinen bange sein. Die mehr als mittelmäßige Vorstellung im Ludwigspark läßt Frankfurt, Dortmund, Leverkusen und Stuttgart hoffen.
Das letzte Wort hatte, wer sonst, Peter Neururer, und was er selbst nicht schaffte, das traut er auch keinem anderen zu: „Nun glaube ich natürlich kaum, daß die Bayern überhaupt noch geschlagen werden.“
Bayern München: Aumann - Thon, Cerny - Kreuzer, Helmer - Jorginho, Matthäus, Wouters (82. Sternkopf), Scholl, Schupp - Labbadia
Zuschauer: 35.000; Tore: 1:0 Kristl (27.), 1:1 Kreuzer (51.)
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