: Ausschuß unter Strom
■ Debatte um künftige Energiepolitik Umweltschützer: Treibhaus verhindern
Berlin. Zum Schluß brachte ein kurzes Wortgeplänkel den Konflikt um Berlins künftige Energiepolitik auf den Punkt. Als Otto Ullrich vom Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) von einer Wirtschaftspolitik „von vorgestern“ sprach, unterbrach ihn Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) bei seinem Vortrag vor dem Umweltausschuß: „Was bedeutet ,dumpfer Blick auf Arbeitsplätze‘?“ Die Grünen nahmen Ullrichs Antwort vorweg: „Ja, ohne Luft keine Arbeit.“ Darauf konterte die CDU-Fraktion: „Ohne Arbeit nix zu essen.“
Besser hätten die kontroversen Stellungnahmen der Experten, die sich zu dem von der Umweltverwaltung erarbeiteten Energiekonzept äußern sollten, nicht zusammengefaßt werden können. Die Fachleute aus Wirtschaft und Verwaltung zeigten sich auf der gestrigen Sitzung über Hassemers Energiekonzept, mit Hilfe dessen der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid bis zum Jahr 2010 um ein Viertel gemindert werden soll, zufrieden. Wer mehr als 25 Prozent Kohlendioxid einsparen wolle, verschlechtere die Wettbewerbsbedingungen und gefährde dadurch den Industriestandort Berlin erheblich, argumentierten sie. Bei den ökologisch orientierten Experten stieß das Konzept auf heftige Kritik. Für Jürgen Freier von der „BI Energieplanung und Umweltschutz“ ist die angepeilte Viertel-Marke ein Zeichen dafür, wie wenig die Entscheidungsträger von den Auswirkungen des Treibhauseffektes überzeugt seien. Angesichts der prognostizierten Umweltprobleme könne über die Selbstverpflichtung des Klimabündnisses europäischer Städte nicht verhandelt werden. Das Ziel, den Ausstoß bis 2010 zu halbieren, ergebe sich aus der Sachlage. Der Öffentlichkeit müßten diese Umweltprobleme deutlich gemacht, für Aufklärungsarbeit jährlich Beträge in dreistelliger Millionenhöhe zur Verfügung gestellt werden, sagte Freier.
In dem Ausschuß wurde Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) mit Ausnahme der CDU von allen Fraktionen gerügt – er war nicht erschienen. Die SPD bezeichnete dieses Verhalten als „gehörigen Affront“, denn der Verkehr produziere große Mengen Kohlendioxid. Mit seiner Abwesenheit wolle Haase offenbar zeigen, welche Bedeutung er diesem Problem beimesse. Dirk Wildt
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