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Hörnchens Märchen

■ Klaus Croissant verharmlost seine Stasi-Spitzelei ein wenig zu sehr

Berlin (taz) — „Es ging doch nicht darum, irgendwelche Linken zu verraten“, beteuert der wegen Spionage-Verdachts inhaftierte Rechtsanwalt Klaus Croissant in einem Interview mit dem Spiegel. „Meine Gesprächspartner waren doch nicht etwa Feinde dieser Leute.“ Er habe lediglich das „berechtigte Interesse“ Ostberlins, den „Kenntnisstand über die Linken“ zu verbessern, befriedigt.

Jeder, der — wie Croissant derzeit — in Untersuchungshaft sitzt, hat das Recht, zu seinem Schutze die Unwahrheit zu sagen — und um nichts anderes handelt es sich bei seinen verharmlosenden Sprüchen.

Als Croissant Anfang der achtziger Jahre gelegentlich in der taz- Redaktion auftauchte, hatte er hingegen aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht. Immer wieder attackierte er die taz als counter-Blatt, als Zeitung, die der imperialistischen counter insurgency- Strategie des Staatsschutzes diene.

Im gleichen Ton sind auch die dem „IM Taler“ alias Croissant zugeschriebenen Berichte für die Hauptabteilung XXII des MfS gehalten. Darin ist der ehemalige taz- Redakteur Götz Aly als „dubiose Type“ denunziert, andere als „Karrieristen", denen Brigitte Heinrich und er die Suppe versalzen wollten. Die DDR-kritischen Mitglieder der Redaktion sind folgerichtig im Stasi-Slang „feindlich negative Kräfte“, die es auszuschalten gilt. Immerhin bewies Croissant gutes Einschätzungsvermögen, als er berichtete: „Weit schwieriger wird es, die Glotzfraktion rauszuschmeißen ... Leider ist das — jedenfalls im Moment — nicht realistisch.“

Klaus Croissant war und ist ein Stalinist. Seine Spitzelei rechtfertigt nicht seine Inhaftierung, doch daß sie nichts mit Verrat zu tun habe, ist eine Schutzbeauptung, die nicht zur Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der Geschichte der Linken beiträgt. Im Gegenteil, sie ist ein Märchen. Michael Sontheimer

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