: Lungenentzündung statt Linderung
■ Erkältungsmittel heilen keinen Husten: Bestenfalls lindern sie die Beschwerden, schlimmstenfalls kriegt man eine Lungenentzündung / Vorsicht ist bei »Schrotschußtherapien« geboten
„Es ist im Grunde genommen besser, sich mit einem Husten ins Bett zu legen, statt mit irgendwelchen Mittelchen rumzudoktern“, sagt Dr. Gerd Glaeske von der AOK Mettmann. Denn gegen die Verursacher von Husten- und Erkältungskrankheiten, die Viren, gibt es kein wirksames Medikament. Sämtliche in Apotheken angebotenen Hustensäfte helfen nur die Symptome zu lindern: Es gibt Mixturen, die den trockenen Reizhusten dämpfen, und Präparate, die Schleim von den Wänden der Atmungsorgane lösen und so etwas Erleichterung verschaffen.
Von 61 untersuchten freiverkäuflichen Hustensäften, die Dr. Gerd Glaeske, Leiter des Pharmakologischen Dienstes der AOK, für ÖKO-TEST bewertete, sind nur wenige zu empfehlen, zum Beispiel Mittel mit gut schleimlösenden Stoffen wie Ambroxol, Thymian, Efeu oder Spitzwegerich. Doch nicht alle pflanzlichen Säfte, die angeboten werden, machen Sinn: „Wacholdermus oder Rosenblütenblätter“, die es in Apotheken und Reformhäusern gibt, „haben überhaupt nichts mit der Behandlung zu tun“, kritisiert Dr. Glaeske.
Als hustenreizdämpfenden Stoff kann er Dextromethorphan empfehlen. Nicht ratsam ist diese Substanz jedoch, wenn sie in Kombination mit Alkohol angeboten wird. Denn dann kann Dextromethorphan Halluzinationen und Tiefschlaf mit Erinnerungslücken bewirken.
Außerdem ist von Kombinationspräparaten mit mehr als drei Wirkstoffen abzuraten, denn solche Mixturen sind zu unspezifisch und helfen bei Husten nicht. Unsinnig und möglicherweise gefährlich sind auch Mittel, in denen sowohl schleimlösende als auch hustendämpfende Stoffe stecken. Wird einerseits Schleim mobilisiert, andererseits der Hustenreflex eingeschränkt, kann es zu einer akut lebensbedrohlichen Lungenentzündung kommen.
Neben den freiverkäuflichen gibt es rezeptpflichtige Hustensäfte. Sie enthalten meist den Stoff Codein, der süchtig machen kann. Solche scharfen Geschütze dürfen nur geschluckt werden, wenn sich der normale Husten verschlimmert hat und man eine Bronchitis mit sich herumschleppt.
1Statt mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, sollte man einem Husten immer erst mit Hilfe von Hausmitteln Paroli bieten: Reichlich Flüssigkeit in Form von Hustentee wirkt ebenso wohltuend wie heißes Wasser mit Kamille oder wenig Kochsalz, die man aus einer dampfenden Schüssel inhaliert.
Im „Ernstfall“ sollte man dem Apotheker genau die Symptome schildern: Nur so kann er speziell
1ein Mittel gegen Reizhusten oder Husten mit Schleimbildung auswählen. Für Kinder sind Hustensäfte mit Alkohol tabu.
Allheilmittel, mit denen nicht nur Husten, sondern angeblich auch Schnupfen, Benommenheit oder Kopfschmerz kuriert werden, sind ihr Geld nicht wert. Denn diese „Schrotschußtherapien“ sind medizinisch umstritten.
sab
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