Das Zeichen unseres Herrn

■ Die Jahre 1986 bis 1991 im Rückblick / Federführend: Harm Bengen

Harm BengenFoto: Bus

Finger weg von den Waldpilzen, den herrlichen Maronen und Steinpilzen, die dieser Herbst so

Cartoon Harm Bengen

der fröhliche

junge mann

reichlich hervortreibt! Cäsium! Wie lang ist eigentlich Tschernobyl her? „Ich will aussteigen,“

meint ein bedröppelter Knollennasiger im Bus Linie 15. Der Fahrer reißt die Augen auf: „Aber das ist nicht nötig! Unsere Busse sind die besten der Welt!“ Harm Bengens Aussteiger-Cartoon ist vom November '86. Die Bundestagswahl stand vor der Tür: „Und dann machst du bei der Partei unseres Herrn das Zeichen unseres Herrn...,“ empfiehlt der Pastor. Außerdem ist Shampoo krebserregend — wir sehen den erregten Krebs. Ja und warum heißen die die kraushaarigen Dunkelhäute Wirtschaftsasylanten? Na?

Vier Cartoons, die als „Startcartoons“ 1986 ins Novemberheft des „Bremer Blatt“ einführten. Monat für Monat liefert Bengen dem (inzwischen) „Bremer“ den Startcartoon, mal vier kleine, mal einen großen in bunt. „Noch mehr chronischer Wahnsinn“ heißt eine Sammlung der „Bremer“-Startcartoons 1986-1991, die jetzt im „Semmel Verlach“ erschienen ist. Sie ist die Fortsetzung des Vorgängerbandes „Chronik des Wahnsinns“.

Und diese alte Novemberseite ist exemplarisch für den Witz des Ostfriesen Bengen (Jg.'55): Überraschenden Wortwitz, tiefsinnige Situationskomik und allerflachste Gags verwendet der Bremer Cartoonist, um kleine politische Botschaften zu transportieren. Übrigens zeichnete er mal für die „Kommunistische Volkszeitung“ des KBW.

Ein illustriertes Geschichtsbuch der Republik mit einigen lokalpolitischen Schlenkern: Der Molkezug in Lingen, Smog im März '87 (Ding, Dong... Die Dunstglocke läutet“), Volkszählung, Gesundheitsreform (Second-Hand-Kondome“), Vermummungsverbot, Tiefflüge, „Satanische Ferse“, „Buchen Sie jetzt schon ihre Übersiedlerfamilie für Weihnachten“, der 3.0Ktober (Rotkäppchen betritt den Geltungsbereich des Grundgesetzes“ — der Adler im Bett: „...DAmit ich dich besser schlucken kann“). Und immer wieder Jahreszeitliches: „Es ist ein Mädchen!“ Sagt der Hl. Joseph zu den Drei Königen.

Ja, die Kalauer tun bisweilen weh, und Bengens Agit-Prop- Tradition läßt sicher so mancheN aufstöhnen (10/91: Asylant flieht in der Asylantenflut vor Haien, aber „Das Boot ist voll!“ Mit Geld...) Eine Lachpause gab's in dem Zeitraum der „Chronik“: Februar '91 setzt Gevatter Tod die Sichel als Golf (!)-Schläger ein. Kommentar: „War nicht die Zeit für Scherze.“ Bus

Harm Bengen, Noch mehr chronischer Wahnsinn, Semmel Verlach, 62 S., 24,80 Mark