: Die Grauen: zum Grausen
■ Hamburger Parteitag der Seniorenpartei: Populistische Forderungen und ausländerfeindliche Reden / Gegen Heroin-Freigabe, für Kleingärten
: Populistische Forderungen und ausländerfeindliche Reden / Gegen Heroin-Freigabe, für Kleingärten
Sie trafen sich fast unbemerkt von der Öffentlichkeit. 25 Mitglieder der „Überpartei Die Grauen“, die bei der vergangenen Bürgerschaftswahl aus dem Stand auf 0,9 Prozent der abgegebenen Stimmen kam, veranstalteten am Sonnabend einen Landesparteitag zum Thema „Brennpunkt Hamburg“.
Für die sozialen und ökologischen Probleme der Hansestadt hatte der Vorsitzende des 61 Mitglieder zählenden Landesverbandes, Helmut Turno, eine einfache Erklärung: „Kriminelle Elemente sitzen an den Schaltstellen von Politik und Wirtschaft“. Ähnlich undifferenzierte Analysen bestimmten den gesamten inhaltlichen Teil der Veranstaltung, den Turno fast im Alleingang bestritt. Seine Rede zum Thema entpuppte sich als Sammelsurium aus Phrasen, populistischen Forderungen und latent ausländerfeindlichen Ausführungen. Die folgende Diskussion des Parteitages erreichte allenfalls Stammtischniveau, Klischees und Rundumschläge ersetzten Argumente.
An der abschließenden Abstimmung zur Asyl- und Drogenpolitik der Partei beteiligten sich mehrere Teilnehmer der ohnehin kleinen Runde, die nach dem nächsten Urnengang im Rathaus Hamburgs Geschicke mitbestimmen will, erst gar nicht. Ihre glaubwürdige Begründung: „Wir verstehen zuwenig von der Sache“. Der Rest der Erschienenen votierte auf Antrag des Landesvorstandes gegen eine Freigabe von Heroin in Hamburg, für einen Erhalt aller hanseatischen Kleingärten und gegen eine Streichung des Grundgesetzartikels 16.
Daß die Ablehnung der Grundgesetzänderung durch die Grauen nicht als Plädoyer für offene Grenzen mißdeutet werden kann, dafür sorgte Helmut Turno in seiner Antrags-Begründung eindrucksvoll: „Wir brauchen keine Grundgesetzänderung, denn wenn die Politiker das geltende Recht konsequent anwenden, bleiben sowieso nur fünf Prozent der Asylbewerber hier“.
Auch einem Gesetz, in dem Zuzugsquoten für Flüchtlinge festgelegt sind, erteilte Turno eine kategorische Absage: „Solche Quoten können wir uns nicht leisten, denn wir sind kein Einwanderungsland, weil wir weder Raum noch Arbeit für Flüchtlinge haben.“ Für den Umgang mit straffällig gewordenen Flüchtlingen präsentierte der Vorsitzende der Partei „mit dem menschlichsten Programm“ (Versammlungsleiter Dieter Meyer) radikale Lösungen: „Asylanten, die dealen, müssen sofort in ihre Heimat abgeschoben werden, selbst wenn ihnen dort der Kopf abgeschlagen wird.“
Die Begründung Turnos für seinen Vorschlag, „Asylbewerber in Sammellagern statt in Containerdörfern unterzubringen“, darf ebenfalls zu den zweifelhaften Höhepunkten der Veranstaltung gerechnet werden: „Bei solch einer Ballung wird der Unmut eskalieren und die Politiker zum Handeln zwingen“. Marco Carini
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