: Empörung über „Unternehmer gegen die ZAST“
■ WMU-Firmeneigner berichten aber auch von Sympathiekundgebungen
Hannoversch-Münden (taz) – Empört reagierten BürgerInnen aus dem ganzen Bundesgebiet auf die Drohung der Hann.-Mündener Firma Weser-Metall-Umformtechnik GmbH (WMU), ihren Sitz nach Hessen zu verlegen und ihre Gewerbesteuern auf ein Sperrkonto zu zahlen, wenn in der Stadt eine Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber (ZAST) eingerichtet wird und Flüchtlinge im Dorfgemeinschaftshaus des Ortsteils Volkmarshausen untergebracht werden. Zahlreiche Protestbriefe und -telefongespräche erreichten die Mündener Stadtverwaltung bis zum Wochenende.
„Erpressung als politisches Mittel einzusetzen kann in keiner Weise Sinn der Demokratie sein“, schrieben Beschäftigte einer Hamburger Grafik-Werkstatt an Stadtdirektor Karl-Wilhelm Lange. Eine Lübecker Lehrerin warf den WMU-Geschäftsführern Wilfried Lengert und Hermann Röver vor, „die Keule der strukturellen Gewalt“ einzusetzen und sich damit „in gefährliche Nähe“ derjenigen zu begeben, „die sich mit physischer Gewalt die ihnen nicht genehmen Menschen vom Halse halten wollen“. Ein 70jähriger Lüneburger Jurist, dessen Vater von den Nationalsozialisten aus dem Schuldienst entlassen wurde, wähnte sich nach den Vorkommnissen wieder „im Dritten Reich“. Empört reagierte auch die Göttinger IG Metall auf den „instinktlosen Erpressungsversuch nach Gutsherrenart“. Der niedersächsische Flüchtlingsrat nannte Lengert und Röver „Biedermänner im weißen Kragen, die für die Brandstiftung in Ausländerwohnheimen verantwortlich sind“.
Gestern setzten sich Lengert und Röver mit einer Anzeige im Göttinger Anzeigenblatt Extra Tip gegen die „teilweise gesteuerte Rufmordkampagne aus anscheinend ideologischen Gründen“ zur Wehr. Die Medien hätten über ihre Forderungen „falsch berichtet, Zitate verdreht und Interviews in entscheidenden Passagen falsch geschnitten“. Tatsächlich hatte Lengert am 8. Oktober wörtlich geschrieben: „Wenn von seiten der Stadt ... die Entscheidung für die Unterbringung von Asylanten im Zentrum von Volkmarshausen treffen würde, so sehen wir dies als äußerst unfreundlichen Akt uns gegenüber an ... Die verständliche Reaktion wird dann ein Wegzug sein, wobei die Firma WMU entweder geschlossen wird oder mit umzieht.“
Lengert und Röver behaupten in der Anzeige, sie ergriffen mit ihrer Stellungnahme gegen das Wohnheim „auch Stimme für Nachbarn und Einwohner“. „Für ihr Engagement“ hätten sie „Dank, Anerkennung und Solidaritätsbezeugungen aus der gesamten Bundesrepublik“ erfahren. Über das Ausmaß der Sympathie, die den WMU-Geschäftsführern widerfährt, wird auch eine Demonstration Auskunft geben, zu der viele Initiativen für den kommenden Samstag nach Hann.-Münden aufgerufen haben. Reimar Paul
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