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Asyl-Nachlese

Opposition:  ■ Kein Lob für SPD-Beschluß

Ihre Kehrtwende in der Asylpolitik (siehe Seite 5) brachte den Hamburger Sozialdemokraten gestern keine lobenden Worte. Dem einen zuviel, dem anderen zuwenig: Der „Brückenschlag“ zwischen Gerhard Schröders und Björn Engholms Vorschlag — so bezeichnete Bürgermeister Henning Voscherau den Kompromiß gestern — vermochte die Oppositionsparteien nicht zu begeistern.

Einen Einblick in die Psyche der Elb-Genossen wagte der Landesverband der Grünen. „Angst ist ein schlechter Ratgeber“, so zitierte er den Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt. Der SPD-Sonderparteitag sei aber von vielerlei Ängsten dominiert gewesen: „Derjenigen, Björn Engholm zu schaden, der Angst vor der erstarkenden Rechten, und der, Wählerstimmen an ultrarechte Parteien zu verlieren.“ Die GAL-Abgeordnete Anna Bruns ging weiter: „Die SPD Hamburg hat sich im Schulterschluß mit rechten Parolen von den humanistischen Werten des Grundgesetzes verabschiedet.“ Außerdem richte sich Voscheraus „Wehret den Anfängen“ nicht gegen die rechte Hetze, sondern gegen die Opfer der Gewalt.

„Auf halbem Weg steckengeblieben“ sind die Sozialdemokraten dagegen für den Hamburger CDU- Landesverband. Landesgeschäftsführer Wulf Brockes Urteil: „Formelkompromisse statt klarer Antworten.“ Die SPD solle einfach Ja zur Genfer Konvention sagen, diese sei längst internationaler Standard. Er mochte nicht schließen, ohne alle Hamburger Asylbewerber pauschal als Betrüger abzuqualifizieren. „Wenn Hamburg in diesem Jahr mehr als 200 Millionen Mark für den Asylmißbrauch ausgibt“, so sein Kommentar, sei es an der Zeit, die Bundesregierung zu unterstützen. Die CDU-Fraktion wird die SPD zudem morgen in der Bürgerschaft mit dem schleswig-holsteinischen Entschließungsantrag — er wurde dort von CDU und SPD verabschiedet — beschäftigen.

Auch die FDP-Fraktion zeigte sich nicht untätig. Sie brachte, ebenfalls für diese Sitzung, einen zehnseitigen Entschließungsantrag zur Asylpolitik zu Papier. Eine vereinheitlichte Meinung zum SPD- Beschluß lag nicht vor. Die Liberalen setzten sich aber für den Erhalt des Artikel 16 ein, betonte ihr Abgeordneter Wolfgang Bodeit. Wichtig sei vor allem eine effektive Verfahrensbeschleunigung. Sannah Koch

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