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Muse Marianne

■ Rockerherzen schmelzen, Punkeraugen werden feucht: M. R. in Bremen

War da ein Drängeln. Marianne! Lederjacken riefen sie, gestandene Punks, Krawatten und Kostüme, Glatzköpfe und Langhaarige. Begeisterung, Erwartung, Adrenalin!

Dann endlich geht das Licht aus. Die Bühne wie Pfingsten mit zartlila Tüchern in der Farbe der Hoffnung dekoriert. Ja, sie wird kommen. Die Musiker spielen schon, sie fehlt noch. Komm doch, Marianne, Jubel, erlöse uns.

Da ist sie. Eine halbe Stunde hat sie uns warten lassen, wir vergeben ihr nach dem ersten Ton. Mit einer keuschen Verbeugung streift sie den schwarzen Samtumhang ab. Zum anthrazitfarbenen Bolero- Rock trägt sie eine schwarze Bluse, Ein Flaum aus Netz bedeckt nur spärlich Dekollete und Arme.

Dann greift sie zum Mikrophon, und die euphorisierten Menschen lassen sich willig von ihr führen. Komm, großer, roter Mund, erzähl mir meinen Kummer. „Es wird nie mehr so, wie es einmal war“, singt Marianne, wir glauben es ungeprüft, ihre Botschaft hat etwas Suggestives: Gereimter Weltschmerz zu leichtverdaulichen vier Minuten fritiert, mit reichlich Bier und Schampus heruntergespült, Rockerherzen schmelzen, Punkeraugen werden feucht: Dieser Marianne Rosenberg entgeht keiner.

Die wenigsten sehen sie. Schon zwei Stunden vor ihrem Auftritt ist ein Durchkommen zur Bühne nicht mehr möglich, nach Konzertbeginn stehen Menschentrauben vor der Halle und dürfen nicht herein. Marianne sagt, daß sie sich freut, endlich mal wieder in Bremen zu sein. Toll. Und eine neue Single hat sie uns auch mitgebracht. Und plötzlich ist schon wieder alles vorbei, eine Stunde wie ein Lied, und fort ist sie. Was wohl passiert wäre, wenn sie gesungen und nicht nur die Lippen bewegt hätte?

Wer der Marianne sich ahnungslos naht und die herrliche Stimmen anhört, der kehrt niemals zurück nach Hause, den werden Gattin und Kindlein niemals mit Freuden mehr grüßen. mad

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