: Statt Kino die City im Kiez?
■ Die Treuhand entscheidet heute über die Zukunft des Filmtheaters am Friedrichshain (FaF)/ Investoren wollen abreißen und einen Hotelkomplex bauen
Berlin. »Wenn sich die Investoren durchsetzen«, fürchtet Roland Baron von der Betroffenenvertretung Bötzowviertel, »dann holen wir uns die City in den Kiez.« Stein des Anstoßes: das Filmtheater am Friedrichshain (FaF). Obwohl die Treuhandanstalt im November 1991 erklärt hatte, keines der zwölf Kinos der ehemaligen Bezirksfilmdirektion dürfe »geopfert« werden, steht das FaF nun vor dem Aus.
Die mutmaßlichen Käufer, die Kölner Dorinth-Gruppe, die bereits das Gelände des benachbarten Saalbaus Friedrichshain erworben hatten, möchten das 1925 errichtete UFA-Premierenkino zugunsten eines Hotelkomplexes abreißen.
Das will man im Bötzowviertel nicht ohne weiteres hinnehmen. Vor zwei Wochen fand ein gut besuchtes Herbstfest statt, nachdem bereits zuvor sich die BVV Prenzlauer Berg für den Erhalt des Kinos ausgesprochen hatte. »Die Resonanz im Kiez ist groß. Wir haben bereits über fünftausend Unterschriften gesammelt«, freut sich Roland Baron. Für die Betroffenenvertretung ist die heutige Treuhandentscheidung auch eine Frage über die Zukunft des Bötzowviertels. Ein Nobelhotel, fürchtet man, brauche auch die entsprechenden Geschäfte. Das werde über kurz oder lang den ganzen Kiez umkrempeln.
Sauer ist man im Prenzlauer Berg vor allem auf die Treuhand. Obwohl der für die Auswahl der Bewerbungen zuständige »Steuerungsausschuß«, so Baron, im Januar 1992 eine Neuausschreibung empfohlen hatte, hielt der maßgebliche Treuhandvertreter Gert Sielaff eine solche nicht für nötig. Im Gegenteil: Sielaff war es, der zwei Monate später davon sprach, daß der Standort für eine »Gesamtentwicklung« geeignet sei.
Was darunter zu verstehen ist, zeigt nun der Entwurf der Grundstücksgesellschaft Ebertz und Partner, einer Tochter der Dorinth- Gruppe. Demnach soll nicht nur das FaF, sondern auch eine kommunale Kita im Blockinnern dem Hotelbau weichen. Während die Kita in das Investorenprojekt, das im übrigen auch Gewerbe- und Büroflächen vorsieht, mit einbezogen werden soll, sind lediglich zwei Spielstätten mit siebzig Plätzen im Keller des Neubaus vorgesehen. Damit soll der von der Treuhand geforderten Bestandsgarantie von zehn Jahren Genüge getan werden.
Nachdem das Bezirksamt trotz vielfacher Beteuerungen seinen Widerstand, wie es Baron formuliert, »vorschnell aufgegeben hat«, ist nun der auf der heutigen Sitzung ebenfalls anwesende Landeskonservator die letzte Hoffnung der Betroffenenvertretung. Das FaF ist im übrigen das letzte Kino, dessen Privatisierung noch nicht über die Bühne ist. Uwe Rada
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen