: Erlangen
■ betr.: "Pränatales Leben um jeden Preis", "Im Schlachthof des Möglichen", taz vom 16.10.92
Betr.: „Pränatales Leben um jeden Preis“, „Im Schlachthof des Möglichen“, taz vom 16.10.92
[...] Was in unseren Augen viel schwerer wiegt als jegliche moralische Empörung über die „Tatsache, daß...“, ist die gnadenlose Ausschlachtung dieses Falles durch die Medien. Wenn es möglich ist, daß sich Bild-Leser und RTL-Schauer per Telefonabstimmung öffentlich zu moralischen BewerterInnen aufspielen, sollte man mit dem Einbringen des Würde-Begriffes sehr vorsichtig werden. Nicht der Fall, sondern diese Art sensationsgeiler Berichterstattung sollte Gegenstand von Protesten sein.
Den Eltern von Marion P., die dem eventuell gesunden Kind im März die Chance geben wollen, „normal“ aufzuwachsen, werden in ihrer sehr persönlichen und belastenden Entscheidung jetzt von außenstehenden Moral- und Ethikaposteln zusätzlich unter Druck gesetzt. Marion P. hatte während der ersten Monate ihrer Schwangerschaft die Möglichkeit, sich für oder gegen dieses Kind auszusprechen. Da sie das Kind wohl bekommen wollte, vermag niemand zu sagen, ob sie sich als „totes Biotop“ mißbraucht gefühlt hätte. Die Entscheidung lag nach ihrem Tod bei ihren Eltern. Diese haben die schweren psychischen Belastungen zu tragen, und ein moralisch-ethisches Urteil steht weder Frau Schmitter noch sonstigen „Betroffenen“ zu. Andrea Liesner,
Christian Rohde, Wuppertal
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