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Neue Winterhilfe für UdSSR-Nachfolger

■ Internationale Hilfskonferenz in Tokio sammelt Geld für die GUS

Tokio/Berlin (AFP/dpa/taz) – Die Industriestaaten müssen alles tun, um in den Wintermonaten eine Versorgungskrise in den ehemaligen Sowjetrepubliken zu verhindern. Diese Ansicht vertrat gestern der japanische Ministerpräsident Kiichi Miyazawa zum Auftakt einer zweitägigen internationalen Hilfskonferenz für die elf GUS- Staaten und Georgien in Tokio.

Der japanische Ministerpräsident appellierte an die Vertreter von 70 Nationen und 15 Organisationen, die Weichen für eine wirksame und koordinierte Winterhilfe der Industriestaaten zu stellen. Er schlug vor, die Serie der Konferenzen über Hilfsmaßnahmen für die GUS durch Fachgruppen unter Führung der Weltbank abzulösen, um die Hilfsprogramme zu beschleunigen. Die Konferenz in Tokio ist die dritte und letzte dieser Art nach früheren Tagungen in Washington und Lissabon. Die drei Baltenstaaten nehmen als einzige frühere Sowjetrepubliken nicht an der Konferenz teil.

Alle seien über die aktuelle Situation in den neuen Staaten beunruhigt, sagte Miyazawa zur Eröffnung der Tagung. Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Instabilität gefährdeten den Erfolg der Reformen.

Die Europäische Gemeinschaft erwägt eine Aufstockung ihrer Hilfe an die Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion. Den Überlegungen zufolge sollten 1993 insgesamt 500 Millionen Ecu (985 Millionen Mark) in das technische Hilfsprogramm der Industrieländer für die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und Georgien (Tacis) gesteckt werden, sagte ein EG-Vertreter. 1991 hatte die EG 400 Millionen Ecu (788 Millionen Mark) und 1992 450 Millionen Ecu (887 Millionen Mark) für Tacis ausgegeben. Über Tacis werden auch die Reparaturprogramme für die GUS-AKWs finanziert.

Der amtierende US-Außenminister Lawrence Eagleburger kündigte ebenfalls neue Hilfsprogramme über insgesamt 432 Millionen Dollar an. Davon sind 260 Millionen Dollar für den Kauf von Lebensmitteln vorgesehen. Mit 14 Millionen Dollar wollen die USA die Impfung von Kindern finanzieren. Die übrigen 158 Millionen Dollar sollen in Tacis fließen.

Außenminister Michio Watanabe kündigte an, daß Japan seine humanitäre Hilfe an die GUS von 50 auf 100 Millionen Dollar aufstocken werde. Japans Regierung hat ihre Zurückhaltung bei den GUS-Hilfszahlungen stets damit begründet, daß Rußland zuerst die Südkurileninseln zurückgeben solle. In diesem Konflikt hat Rußland jetzt ein Moratorium vorgeschlagen. Wenn Japan zu einem Aufschub der Verhandlungen bereit sei, könne ein neuer Termin für den Besuch des russischen Präsidenten Boris Jelzin in Japan festgesetzt werden, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax gestern unter Berufung auf Jelzin- Sprecher Wjatscheslaw Kostikow.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat unterdessen vor einer Verzögerung der Wirtschaftsreformen in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion gewarnt. Vor allem in Rußland drohe eine „Hyperinflation“, der Streit in Moskau um notwendige Reformen sei daher sehr zu bedauern, sagte der stellvertretende Generaldirektor des IWF, Richard Erb, gestern während der Hilfskonferenz. Allein Rußland benötige im kommenden Jahr mindestens 22 Milliarden Dollar Auslandshilfe.

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