: Lokalkoloratur: Heidi Kabel
LOKALKOLORATUR
Mit den Traumberufen war das schon vor sechzig Jahren so eine Sache. Eigentlich wollte sie ja überhaupt nicht Schauspielerin, sondern Pianistin werden, aber dann begleitete sie 1932 eine Freundin zum Vorsprechen an der niederdeutschen Bühne von Richard Ohnsorg, und eine deutsche Karriere nahm ihren Lauf. Denn statt der Freundin bekam Heidi Kabel, 78, ein Engagement an dem Theater, an dem sie auch den Schauspieler und ihren späteren Ehemann Hans Mahler kennenlernte. Ihr Leben lang blieb Heidi Kabel dem Ohnsorg-Theater treu. Jetzt feiert sie auf den Brettern, die die niederdeutsche Welt bedeuten, ihr 60jähriges Bühnenjubiläum. Von der jugendlichen Liebhaberin bis zur komischen Alten hat sie in über 150 Rollen gekeift und gezischt, geschnurrt und geschrien, geweint und gelacht, daß sich das Publikum wohlig im Wechselbad der Gefühle schüttelte. „Boulevard ist sehr schwierig. Die meisten verwechseln Heiterkeit mit Oberflächlichkeit“, weiß Hamburgs berühmteste Deern, die das Ohnsorg-Theater auch über die Hansestadt hinaus berühmt machte. Sogar südlich der Weser kam Heidi Kabel auch ohne Verkabelung gut an, denn wenn das Fernsehen dabei ist, wird auf der Ohnsorg-Bühne ein entschärftes Platt gesprochen, und streitlustige Nachbarn gibt's eben überall. Der Spaß am Schauspiel ist ihr jedoch am besten anzusehen, wenn sie live und resolut das Geschehen auf der Bühne regiert, so zum Beispiel ab morgen abend, wenn sie in Jean Sarments' Komödie „Manda Voss ward 106“ als resolute alte Dame ihre Familie tyrannisiert. Dafür hat sie sich drei gute Wünsche verdient: Toitoitoi, gib's ihnen und herzlichen Glückwunsch, Heidi Kabel! jk
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