Ziel von Spaziergängern

■ Hamburger Künstler im dynamischen Wechsel zeigt das Schaufenster in Altona

Das Schaufenster ist eine Erfindung für den Passanten, der im flüchtigen Vorbeigehen aufgehalten werden soll. Das Schaufenster des Atelierhausese Alte Königstraße 1 allerdings ist vor allzu viel Neugier sicher, denn an dieser Durchgangsstraße fahren fast nur Autos vorbei. Das verleiht diesem öffentlichen Raum etwas reizvoll Exklusives. Inzwischen dürften jedoch viele gezielt wandelnde Flaneure die Vitrine ansteuern, denn der Künstlerverein Alte Königstraße, zusammengesetzt aus Studierenden der hiesigen Kunsthochschule, sorgt seit einem Jahr für Ausstellungen in dynamischem Wechsel. Die Kunstereignisse, sie dauern oft nur drei Tage, wechseln öfter, als ein Passant zweimal vorbeikommt.

Anette Wehrmann, Bettina Beermann und Andreas Schwarz, die im selben Haus ihr Atelier haben, kamen vor einem Jahr auf die Idee, das vollgerümpelte Schaufenster dazuzumieten. Christoph Rauch und Jochen Möhle kamen später dazu und gestalten das Programm mit. Der Künstlerverein arbeitet unbürokratisch, stellt die Räumlichkeit zur Verfügung und kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit.

Schnell kristallisierte sich heraus, daß die meisten Ausstellenden die Beschaffenheit des Ortes in ihre Arbeit einbeziehen wollten. Der obskure Raum hat eine Fläche von 2,55 mal 6,45 Meter, ist also dreimal so lang wie breit, und zwei Wände bestehen praktisch aus Glas. Dazu gehört auch noch eine mannshohe Vitrine im Eingangsbereich, die in eine Inszenierung mit einbezogen werden kann. „Die Schaufenstersituation bedeutet, daß man die Arbeit auch von draußen sehen können muß. Man kann den schmalen Raum nicht in gleicher Weise betreten wie eine Galerie“, sagt Anette Wehrmann.

So finden Performances statt, bei denen das Publikum draußen steht, oder Künstler arbeiten unter den Augen des Publikums. Albrecht Hausotter hat während seiner Ausstellung Spiel zum Beispiel Leute empfangen. „Was hier hängt, steht oder stattfindet, soll nicht beliebig sein, soll nichts sein, was auch genausogut ins Westwerk oder ins Künstlerhaus passen würde“, ergänzt Bettina Beermann.

Seit Donnerstag ist eine Installation von Katrin Eissing zu sehen: Der König der dunklen Kämmer. Maja Moes veranstaltet am 8. November einen Performanceabend mit mehreren Mitwirkenden in Verbindung mit einer dreitägigen Ausstellung unter dem Titel Wir kommen wieder. Das übermalte Bild eines Selbstmörders und sein Zusammenhang mit den Ereignissen des 9. November 1989 ist der Inhalt. Ab Mitte November werden Bilder von Birgit Reeck zu sehen sein, die früher in einem der Ateliers im Haus gearbeitet hat. Julia Mummenhof