: Konsultation über die Mediensituation in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens
1. Die Berufsjournalisten aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens und aus Westeuropa, die an der Konsultation des Europäischen Medieninstituts in Düsseldorf am 8. und 9. August 1992 teilgenommen haben, fordern die Regierungen in diesen Nachfolgestaaten dringlichst auf, die Grundrechte auf Nachrichtengewinnung und -verbreitung innerhalb und zwischen diesen Staaten wiederherzustellen.
2. Sie versichern allen Journalisten, die noch nach den beruflichen Kriterien journalistischer Integrität arbeiten, und vor allem ihren Kollegen aus Sarajevo, die unter Einsatz ihres Lebens über den Krieg in Bosnien-Herzegowina berichten, ihre Unterstützung.
3. Sie sind übereingekommen, daß die gedeihliche Zukunft der Nachfolgestaaten Jugoslawiens nur im Rahmen der Gemeinschaft der europäischen Staaten und auf der Grundlage funktionierender demokratischer Systeme erfolgreich gestaltet werden kann. Dabei ist die Freiheit der Medien eine der Hauptvoraussetzungen der Demokratie.
4. Der Versuch, „ethnisch saubere“ Gesellschaften durch Krieg, erzwungene Auswanderung und andere Zwangsmaßnahmen zu erreichen, kann nicht hingenommen werden. Diese Politik steht im Gegensatz zu der wichtigsten Bestrebung der Bürger, nämlich in Frieden leben zu wollen. Sie kann auch nicht von den übrigen Staaten Europas hingenommen werden, die geeint und in Freiheit leben und mit dem Rest der Welt kooperieren wollen. Sie ist auch nicht vereinbar mit einer freien Informationspolitik, denn sie beinhaltet Zensur und die Einstellung der Journalisten in „gute“ und „schlechte“ Mitglieder einer speziellen ethnischen Gruppe. Die Folge dieser ethnischen Bereinigung ist eine ethnische Diktatur, an deren Ende eine verheerende Kleinstaaterei stehen wird. Diese Ziele der Regierungen und Völker in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens sind nicht zum Wohle der Zukunft ihrer Länder.
5. Die freien Journalisten in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens sind derzeit vielfältigem Druck ausgesetzt. Sie müssen trotzdem ihren Beitrag zur Entwicklung demokratischer Gesellschaften leisten. Dabei sind sie vor allem ihren Lesern, ihren Hörern und ihren Zuschauern verpflichtet.
6. Die Teilnehmer an der Konsultation stellen mit Befriedigung fest, daß sich die Solidarität zwischen ihnen offensichtlich erhalten hat. Zwei Jahre der Zersplitterung und der Isolation hatten ihr nichts anhaben können. Die Teilnehmer beschließen, ihre berufliche Zusammenarbeit mit Hilfe des Instituts zu verstärken und dies auch den Kollegen zugute kommen zu lassen.
Zürich, Schweiz
6. Petar Lukovic
Kommentator
VREME (Wochenzeitung)
Belgrad, Serbien
7. Ervic Milharcic
Stellvertretender Chefredakteur
MLADINA (Wochenzeitung)
Ljubljana, Slowenien
8. Stevan Niksic
Kommentator
NIN (Wochenzeitung)
Belgrad, Serbien
9. Nenad Pejic
Früherer Chefredakteur
Sarajevo Television
Sarajevo, Bosnien-Herzegowina
10. Professor Dr. Miodrag Perovic
Chefredakteur
Monitor (Wochenzeitung)
Titograd, Montenegro
11. Rade Radovanovic
Redakteur
Radio Serbia
Präsident des Unabhängigen Verbandes der Journalisten, Belgrad, Serbien
12. Erol Rizaov
Stellvertretender Chefredakteur
Nova Makedonija (Tageszeitung)
Skopje, Mazedonien
13. Richard Schoonhoven
Vizepräsident des Europäischen Medieninstituts
Programmdirektor
KRO Television
Hilversum, Niederlande
14. Professor George Wedell
Generaldirektor des Europäischen Medieninstituts
Herausgeber der EIM-Veröffentlichungen
Düsseldorf, Deutschland und Manchester, Großbritannien
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen